Tagged with Wirtschaft

Wem Schweden vertrauen

Es scheint die Woche der Statistiken zu sein. Gestern kam zusätzlich die Meldung, dass man untersucht hat, in welchem Maße die Schweden Organisationen und Firmen vertrauen. IKEA schlägt dabei die Kirche und die Politik schneidet noch schlechter ab.

Ich spare mir jetzt weitere Worte, denn Tagensschau.de, Spiegel Online und der Schwedische Rundfunk fanden das schon interessant genug, darüber zu berichten.

Tagged , , ,

Die Ostseepipeline

Ein deutsch-russisches Konsortium, in das auch Gerhard Schröder eingebunden ist, will eine Gaspipeline durch die Ostsee legen, um den Zugang Deutschlands und Westeuropas zu russischem Erdgas zu sichern und auszubauen. Verträge zwischen Gazprom auf russischer und E.ON und BASF auf deutscher Seite wurden 2005 unterzeichnet und noch im gleichen Jahr fing der Bau auf der russischen Landseite an. Der Verlauf soll folgendermaßen aussehen:
Verlauf der Pipeline und Hoheitsgebiete der Ostseeanrainer. Bild:
Nord Stream,
http://www.nord-stream.ru/eng/press/gallery/
Verlauf der Pipeline (blau), die Hoheitsgebiete der Ostseeanrainerstaaten (grün) und die jeweiligen wirtschaftlichen Einflusszonen (rot). (Bild: Nord Stream)

Schweden hat sich bisher sehr bedeckt gehalten mit seiner Einstellung zur Pipeline. Das hat nicht nur interne Kritik (S) hervorgerufen, sondern auch andere Ostseeanrainerstaaten (v.a. Polen und die baltischen Länder) verärgert, die das Projekt ablehnen.

Auch wenn der Verlauf schwedische Hoheitsgewässer nicht betrifft, so ist man vor allem über zwei Punkte besorgt. Zum einen ist da die schon heute kritische Umweltsituation der Ostsee. Durch den Bau würden neue Belastungen auftreten, nicht zuletzt dadurch, dass auf dem Grund der Ostsee viel chemischer und anderer Müll aus zwei Weltkriegen liegt, dessen Inhalt freigesetzt werden könnte.

Zum anderen ist eine Wartungsplattform nahe der schwedischen Ostseeinsel Gotland geplant. Deren Höhe wurde zwar schon von 70 auf 35 Meter reduziert, so dass sie nicht von der beliebten Urlaubsinsel zu sehen sein wird, aber es gibt weiterhin Sicherheitsbedenken dahingehend, dass die Plattform zur direkten Spionage benutzt werden könnte und dass sie für verstärkte Präsenz russischer Kriegsschiffe in der schwedischen Einflusszone sorgen wird.

Letzte Woche wurde endlich der Konkrete Bauvorschlag vorgelegt (S) und somit ist der Einwand der Regierung, dass man erst bei genauer Kenntnis Stellung beziehen wolle, hinfällig geworden. Die Diskussion ist in vollem Gange und schwedische Organisationen haben bis Februar Zeit, Einwände vorzubringen.

Tagged , , , , ,

Svenska Lantchips

Die schwedischen Landchips (S) sind Kartoffelchips, denen man noch ansieht, dass sie von der braunen Knolle kommen. Die Schale ist an der Kante jedes Chips auszumachen und sie sind etwas härter als “normal”. Alles in allem sehr lecker, finde ich.

Und Leute in Amerika scheinen mir zuzustimmen, denn dort entwickeln sich die svenska lantchips, die von einem recht kleinen Familienbetrieb in Södertälje hergestellt werden, gerade zu einem Verkaufschlager (S).

Tagged , ,

Hochhäuser von Flogsta verkauft

Flogsta
Hochhäuser

Die Hochhäuser mit Studentenwohnungen in Flogsta, einem Stadtteil am westlichen Ende von Uppsala, werden für eine Milliarde Kronen verkauft (S). Ich habe dort selbst mit Unterbrechung fast zwei Jahre gewohnt, mir mit jeweils 11 Leuten die Küche geteilt und den Flogstaschrei genossen.

Jedes Haus hat eine Sauna auf dem Dach, in der nach der Renovierung jetzt nicht mehr alles erlaubt ist. ;)

Tagged , ,

Keine Hygienesmileys

Der Plan, Restaurants und Geschäfte, die mit Lebensmitteln umgehen, mit einem für Verbraucher einfachen Symbol zu markieren, wird eingestellt (S). Je nach Urteil der Lebensmittelkontrolleure wäre ein lachendes, ein neutrales oder ein trauriges Gesicht vergeben worden. Als Begründung (S) wird angegeben, dass die Regeln für die Vergabe zu kompliziert geworden wären und man ebendiese lieber vereinfachen möchte.

Inwieweit die schwedische Lebensmittelindustrie ähnlich undurchsichtig ist, wie die deutsche, die nicht einmal die Verursacher von Skandalen preisgeben muss, weiß ich leider nicht.

Tagged , , ,

Schwedenpolitik-Update

  • Außenminister Carl Bildt hat seine umstrittenen Beteiligungen an russischen Ölfirmen verkauft und will auch entsprechende Aktienoptionen einlösen und abstoßen (S), um Interessenskonflikte zu vermeiden – gerade weil bald die Frage ansteht, ob Schweden die von Deutschland und Russland geplante Pipeline durch die Ostsee, nahe an Gotland vorbei, gutheißt.
  • Der Landwirtschaftsminister will die Wolfsjagd vereinfachen (S). Der Abschuss zum Schutz von Haus- und Nutztieren soll auch in der freien Natur erlaubt werden. Ohne jemandem etwas unterstellen zu wollen, kann sich wohl in Zukunft jeder Jäger auf den Schutz seines Hundes berufen, wenn er einen Wolf schießen will.

  • Tjänstemännens Centralorganisation (TCO), der Dachverband der schwedischen Gewerkschaften, wendet sich wegen der neuen Arbeitslosengeldregelung an die EU, weil Frauen im Arbeitsmarkt indirekt diskriminiert würden. Die Bedingungen für den Erhalt von Arbeitslosengeld sollen verschärft werden und ein Großteil der Betroffenen seien Frauen.

Tagged , , ,

Ryanair bleibt in Västerås

Ich hatte neulich vermutet, dass die angekündigten Streckenkürzungen von Ryanair in Schweden nicht wirklich etwas mit der angekündigten Flugsteuer zu tun hatten, und zweifelte daran, dass sie rückgängig gemacht würden, weil die Steuer jetzt doch nicht kommt.

Da lag ich falsch. Denn Ryanair ersetzt nicht nur (S) die gestriche Linie Västerås-London/Luton durch eine nach London/Stansted, sondern wird ab Februar auch Dublin von Västerås aus anfliegen.

Tagged ,

Mangel an Ökokühen

Schon gestern habe ich mich beim Einkaufen gefragt, warum es “meine” Milch, also die ökologische mit 3% Fett, nicht mehr zu kaufen gab und ich auf die ökologische Mellanmjölk (wörtlich: “Mittelmilch”; 1.5% Fett) ausweichen musste. Ich gab die Schuld meinem lokalen ICA – zu Unrecht. Der Molkereiriese Arla hat Lieferprobleme, weil die Nachfrage nach Ökomilchprodukten stark wächst und es in Schweden zu wenige Ökokühe gibt. Meine Milch wird es bis nach Weihnachten nicht mehr zu kaufen geben.

Arla will mehr Landwirte zur Ökowirtschaft bringen, unter anderem mit höheren Preisen für die Bauern. Ein guter Trend, finde ich, sowohl von Verbraucher- als auch Produzentenseite, trotz meines eigenen temporären Nachteils.

Tagged , , ,

Der Schwedische Wohlfahrtsstaat

Das schwedische Modell des Wohlfahrtsstaates wird weltweit viel beachtet, schließlich scheint hier das Kunststück gelungen zu sein, trotz hoher Steuern und einem ausgeprägten Fürsorgestaat, für eine wachsende Wirtschaft, geringe Arbeitslosigkeit und einen ausgeglichenen Staatshaushalt zu sorgen. Schon länger wollte ich die Gründe und Unterschiede zu Deutschland einmal zusammenfassen, habe mich aber bisher immer vor diesem weiten Thema gedrückt. Außerdem können andere das besser:

  • Gerade erschien ein [Artikel auf Telepolis](http://www.heise.de/tp/r4/artikel/23/23728/1.html) zu ebendiesem Thema. Darin werden nicht nur alle wichtigen Zahlen genannt, sondern auch einige Hintergründe beleuchtet.
  • Im Allgemeinen mögen die Schweden ihren Wohlfahrtsstaat, doch einige sehen ihn eher pessimistisch und behaupten gar, er hätte [Schweden verdorben](http://limewoody.wordpress.com/2006/06/07/how-the-welfare-state-corrupted-sweden/) (E).
  • So weit geht der [Artikel im Tagesspiegel](http://blog.tagesspiegel.de/flatworld/eintrag.php?id=247) dann doch nicht, beleuchtet aber doch einige Kritikpunkte.
  • Ob die neue konservative Regierung ihr Wahlversprechen hält, am Sozialstaat festzuhalten, ist eine interessante und wichtige Frage, die die taz [mit Nein beantwortet](http://www.taz.de/pt/2006/09/21/a0163.1/text)
  • Auch andere Blogger [befassen sich mit dem schwedischen Modell](http://ascetonym.blogsport.de/2006/08/10/swedish-model/) und verlinken weitere lesenswerte Texte. So, und wer das jetzt wirklich alles liest, ist entweder Volkswirtschaftler oder sollte es werden. ;-)
Tagged , ,

Reinfeldts Regierungserklärung

Premierminister Reinfeldt trat gestern sein Amt an und hat sein Kabinett vorgestellt, inklusive des vormaligen Staatschefs Carl Bildt als Außenminister. In der zugehörigen Regierungserklärung hat er auch die Eckpunkte der Politik dargelegt, die man von seiner Vierparteienkoalition in der nächsten Zeit erwarten darf. Eine Zusammenfassung.

Arbeitsmarkt, ein großens Thema im Wahlkampf. Ziel ist die Förderung mittelständischer Unternehmen, sowohl durch Steuererleichterungen als auch durch Abschaffung unnötiger und komplizierter Regeln. Die Einkommenssteuer soll um 37 Mrd. Kronen^*^ gekürzt werden, v.a. bei niedrigen und mittleren Einkommen. Die Immobiliensteuer soll zunächst eingefroren, dann gekürzt und zuletzt abgeschafft werden. Auch die Vermögenssteuer soll nach einer anfänglichen Halbierung verschwinden. Welche Ausgaben und Leistungen dafür gekürzt werden wurde nicht spezifiziert, aber es wird wohl an die Arbeitslosenhilfe gehen. Außerdem klingt das für mich, (der von Ökonomie zugegebenermaßen wenig versteht) als ob es mit dem langjährigen schwedischen Haushaltsplus bald vorbei ist.

Internationales. Reinfeldt äußerte sich für die EU und auch deren zukünfige Erweiterung. Internationale Organisationen, allen voran die UNO, sollen weiterhin nach Kräften unterstützt werden. Schweden soll aus der Globalisierung Gewinn ziehen und mit gutem Beispiel vorangehen, was Zusammenarbeit, Freiheit, Demokratie und Frieden angeht. Die Entwicklungshilfe wird zwar nicht erhöht, bleibt aber auf sehr hohem Niveau und soll besser auf ihre Wirksamkeit geprüft werden. Das anhaltende Töten in Darfur wurde angesprochen und die internationale Verantwortung betont. Das ist dadurch etwas heikel, dass der schwedischen Ölfirma Lundin Petroleum vorgeworfen wird (S), in Krisenregionen aktiv zu sein und auch im Sudan negativ auf den Verlauf des Konflikts eingewirkt zu haben. Carl Bildt (s.o.) ist seit 2001 Vorstandsmitglied bei Lundin Petroleum, hat aber immerhin eingesehen, dass er das als Außenminister nicht bleiben kann, und diesen Posten niedergelegt. (Zum Thema Darfur höre auch HR2 Der Tag vom 18.9.)

Weitere wichtige Themen, in denen natürlich auch alles besser werden soll, auf die ich aber jetzt nicht im Detail eingehen möchte, sind Gleichberechtigung, Gewalt gegen Frauen (höhere Strafen), Einwanderung (Ausgrenzung vermindern, Sprachkenntnisse fördern), Gesundheitspolitik (Alkoholkonsum eindämmen, mehr räumliche Flexibilität bei lokaler Überforderung der Krankenpflege), mehr Polizei, die auch mehr abhören dürfen soll.

Engergie und Umwelt. Kernkraftwerke sollen nicht vorzeitig abgeschaltet werden. Es soll zwar keine Laufzeitverlängerungen für bestehende Kraftwerke geben, aber der Neubau wird nicht ausgeschlossen. Generell soll dem Klimawandel entgegengewirkt werden, indem man den Zusammenhang zwischen Wachstum und mehr Energieverbrauch durchbricht. Dazu soll vor allem die effizientere Nutzung von Energie beitragen. Umwelttechnik soll mehr gefördert werden, auch mit Exportgedanken.

Ausbildung und Forschung. Auf dieses Thema hat die liberale Folkspartei mit Ausbildungs- und Schulminister ein Beinahemonopol. Es soll ein neues Schulgesetz geben, das Noten ab der 6. Klasse einführt und Lehrern und Schulen mehr Handhabe gegen Störer und Schulschwänzer verleiht. Mathematik und naturwissenschaftliche Fächer sollen gestärkt werden und Lehrer besser qualifiziert. Auf Universitätsniveau soll der sozialdemokratische Trend zum Studium für alle gebrochen werden und Qualität statt Quantität an oberster Stelle stehen. Forschungsgelder sollen erhöht werden.

Einiges des oben Genannten klingt zugegebenermaßen recht gut – ist aber noch ziemlich vage. Man darf gespannt sein, wie die Taten aussehen werden und ob z.B. der Sozialabbau in Wirklichkeit so gering ausfallen wird, wie im Wahlkampf versprochen.

^*^ Das braucht man nicht in Euro umzurechnen, um eine Vorstellung der Größenordnung zu bekommen, denn der Faktor der Währung wird durch den der Bevölkerungszahl in etwa ausgeglichen.

Tagged , , ,