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Deutschland schenkt Pharmaindustrie Milliarden

SpOn hat einen mit Zahlen gespickten Artikel, der darlegt wie Deutschland freiwillig 9 Milliarden zu viel für Medikamente ausgibt. Als Vergleichsland dient Schweden.

Verwunderlich ist das wohl nicht, wenn man Lobbyisten Gesetze schreiben lässt, die außerdem noch wirkungslosen “Arzneien” Tür und Tor öffnen.

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Starke Krone

Jetzt, da es nach allem Kriseln mit der schwedischen Wirtschaft wieder aufwärts geht, hat auch die Währung wieder eingeholt, was sie während der Turbulenzen am Finanzmarkt eingebüßt hatte:

Kursentwicklung
Kronen/Euro

Der Graph (Bildschirmfoto von Yahoo) zeigt, wie viele schwedische Kronen man wann für einen Euro bekommen hat. Jahrelang war 9.3-9.4 der Normalzustand und die Schwankungen klein. Dass der Kurs bis auf 11.6 ansteigen würde, hatte ich zu Beginn der Krise nicht gedacht. Es sind schließlich fast 20 Prozent – ein Fünftel! – die da an Wert eingebüßt wurden.

Wer schlau war und an die schwedische Währung geglaubt hat, hat sich Anfang 2009 Geld in Euro geliehen und in Kronen gewechselt. Der schwedische Staat selbst hat das getan und so ein paar Milliarden Gewinn gemacht (ich finde den Link dazu nicht mehr), denn mittlerweile ist der Kurs auf unter 9.25 gefallen. Dass die schwedische Zentralbank dieser Tage wieder angefangen hat, die Leitzinsen zu erhöhen, stärkt die Krone weiter, und da aller Voraussicht nach die Euro-Zone sich nicht so schnell erholen und deshalb die Zinsen niedrig lassen wird, rechnen Experten damit, dass der Trend anhält und man bald weniger als 9 Kronen für einen Euro bekommt.

So starke Schwankungen haben ganz praktische Auswirkungen auf das Verhalten von Menschen. War letztes Jahr noch Hemester angesagt, ist es jetzt wieder billig für Schweden, ins Ausland zu reisen, was auch gern genutzt wird. Im Gegenzug wird es teurer für Europäer, nach Schweden zu kommen, weshalb die Vermutung, dass die Tourismusbranche hier kommendes Jahr ihre üblichen Steigerungsraten nicht halten können wird, wohl nicht weit hergeholt ist. Dazu kommt, dass schwedische Exporte durch die starke Krone benachteiligt werden.

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It's the economy, stupid!

Volkswirtschaft ist spannend. Diesen Satz hätte man noch vor ein paar Jahren zwar nicht von mir zu hören bekommen, aber je mehr man darüber liest und glaubt zu verstehen, desto interessanter wird das Thema. Leider wird viel Schindluder mit den Zahlen und Statistiken getrieben; zum Beispiel las man zuletzt, dass die deutsche Wirtschaft rekordschnell wächst, während die USA schwächeln.

Dieser Eindruck mag entstehen, wenn man immer nur auf das relative Wachstum im Vergleich zum Vorjahr oder -quartal schielt. Wenn man stattdessen einmal die absolute Wirschaftsleistung aufträgt, z.B. die Entwicklung seit Anfang 2008, dann sieht das so aus:

BNP-Entwlicklung

Daran sieht man, dass die USA, obwohl die Finanzkrise und die Blase am Wohnungsmarkt dort anfingen, weniger stark eingebrochen sind als Europa, und dass Deutschland mit seiner auf den Export von hochwertigen Produkten orientierten Wirtschaft besonders stark schrumpfte. Die dieser Tage so hochgelobten drei-komma-irgendwas Prozent Wachstum sind der letzte Zacken nach oben in der roten Kurve. Dass das BNP damit jetzt immer noch zweieinhalb Prozent unter dem Vorkrisen-Niveau liegt und damit doppelt so weit unter diesem wie das der USA, bekommt man eher selten zu lesen. Arg verwunderlich ist deshalb das starke relative Deutsche Wachstum nicht, denn es wird lediglich ein Teil des Bodens wieder gut gemacht, der zuvor verloren wurde, und zwar nicht aus eigener Kraft sondern dank dem Rest der Welt, der wieder deutsche Produkte kauft.

In ähnlicher Weise gilt das auch für Schweden, das genau wie Deutschland stärker als der Rest von Europa einbrach und dessen Kurve in der obigen Grafik der deutschen sehr ähnelt. Nichtsdestotrotz schafft es die bürgerliche Regierung hier, ein generell positives Bild der Wirtschaft zu vermitteln, was ihnen als Fortsetzung des Bildes vom guten Krisen-Manager im Wahlkampf sehr gelegen kommt und einen Regierungswechsel unwahrscheinlicher macht als wenn schlechte Nachrichten aus der Wirtschaft kämen.

Die obigen Daten kommen von Eurostat und die Idee von Paul Krugman.

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Schweden drittbestes Land

Es gibt wieder einmal eine Statistik, die belegt, was viele Schweden insgeheim denken. Denn obwohl man oft eher bescheiden und mit wenig Aufhebens daherkommt, ist es eine weit verbreitete Attitüde unter Schweden, dass sich der Rest der Welt doch bitte hierzulande abschauen möge, wie man es richtig macht. Wobei “es” sich auf alles mögliche beziehen kann, das zu funktionierenden Staat und Gesellschaft alles dazugehört. Einigen geht dieses Selbstverständnis vom Vorbild für weniger entwickelte, weniger tolerante, weniger gleichberechtigte, weniger stabile Länder jedoch zu weit und ich habe schon einige Male Einspruch dagegen gehört.

Doch wenn man auf die nackten Zahlen schaut, ist es nicht selten Schweden, das – zusammen mit den anderen nordischen Ländern – die vorderen Plätze in allerlei Bereichen einnimmt und sich deshalb durchaus als Vorbild eignet. So auch in der letzten Rangliste von Newsweek (nett gemachte interaktive Grafik), die Noten für Gesundheit, Lebensqualität, politisches Klima, Ausbildung und die Wirtschaft vergeben hat und Schweden auf den dritten Platz von hundert Ländern stellt. Nur Finnland und die Schweiz sind nach diesen Kritieren besser. Als Ausreißer ist es das schwedische Schulsystem, das nicht besonders viel Lob erhält.

Deutschland landet übriges auf Rang 12, Österreich auf 18.

Nachtrag 100819: Neulich gab es schon einmal eine Studie, die “beweist”, dass Schweden am besten ist. Außerdem weißt Außenminister Bildt darauf hin, dass Schweden Exportweltmeister für Musik ist – zwar nicht in absoluten Zahlen, aber als Anteil an der Wirtschaftsleistung.

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Zahlt Schweden an Griechenland?

Radio Schweden fragt:

Schweden ist zwar EU-Mitglied, hat aber den Euro nicht eingeführt. Inwieweit hat Schweden Anteil am Rettungspaket für Griechenland?

  • a Schweden leiht Griechenland gar kein Geld, weil es kein Euro-Land ist.
  • b Als EU-Mitglied ist Schweden automatisch auch an den EU-Notkrediten beteiligt.
  • c Schweden trägt über die 30 Milliarden Euro, die der Internationale Währungsfonds bereitstellt, zum Hilfspaket für Griechenland bei.

Man soll ihnen seine Antwort per Email schicken, zu gewinnen scheint aber nur die Namensnennung im Podcast zu sein. Wer teilnehmen will, hat jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder aufhören zu lesen und selbst wissen. Oder weiterlesen und mir meine Antwort glauben.

Die bilateralen Verträge, darunter auch die viel diskutierten deutschen 22 Milliarden Euro, gehen tatsächlich nur die Euro-Länder mit Griechenland ein (Liste), b ist also falsch. Alternative a ist aber auch nicht richtig, denn Schweden ist natürlich Mitglied im IWF und damit an dessen Kredit an Griechenland beteiligt. Richtig ist demnach c.

Das ist hierzulande auch gar nicht strittig. Der IWF bekommt sein Geld nämlich immer zurück, was voraussichtlich für das der Euroländer nicht gelten wird. Mehr dazu beim Spiegelfechter.

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Des Winters gute Seiten

Mit 75 Schlitten pro Stunde und 1 800 Stück täglich wurden seit Oktober im Dreischichtbetrieb dreimal so viele Schlitten produziert wie in einem Normaljahr. Sämtliche Schlitten sind ausverkauft [...]

schreibt Radio Schweden.

Das ist bei weitem nicht die einzige Meldung über gute Geschäfte in Schweden mit dem außergewöhnlich kalten und schneereichen Winter. Warme Kleidung, Schuhe und Wintersportausrüstung aller Art verbuchen Umsatzrekorde – über 20% Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Irgendwie auch kein Wunder, wenn auf einmal nicht nur die Landbevölkerung, sondern auch die Bewohner der Ballungsgebiete optimale (Langlauf-) Skibedingungen vor der Haustür haben.

Falls jemand übrigens findet, ich schriebe hier zu viel über das Wetter, dem sei gesagt, dass das recht gut der öffentlichen Diskussion hierzulande in den letzten Wochen entspricht. Das und die olympischen Winterspiele dominieren die Nachrichten.

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Blase am schwedischen Wohnungsmarkt?

Wie schon beschrieben ist Schweden die große europäische Ausnahme, was die Entwicklung des Wohnungsmarkts seit 2008 angeht. Allerorten sind seitdem die Preise gefallen; in Schweden stiegen sie ungehindert weiter. Das liegt an den rekordniedrigen Zinsen (um 1,5 Prozent), die zum Kaufen anreizen. Man kann das durchaus positiv sehen, dass Schweden dem Niedergang der Wirtschaft entgegengewirkt hat, indem die Menschen dank der geringen Zinskosten mehr Geld in die Tasche bekamen, was ein großen Unterschied für den Rest der Wirtschaft ausgemacht hat.

Mittlerweile mehren sich jedoch die kritischen Stimmen. Das “billige Geld” hat dazu geführt, dass immer mehr schwedische Haushalte immer höher verschuldet sind. In den letzten zehn Jahren hat sich die Summe der privaten Wohnungskredite verdoppelt und nur wenig länger hat die Verdoppelung der Preise für Häuser und Wohnungen gedauert. Wenn die Spirale aus steigenden Preisen und billigen Krediten sich irgendwann nicht mehr weiter dreht, zum Beispiel weil die Leitzinsen nach dem Sommer wie angekündigt wieder angehoben werden, dann könnte Schweden das Platzen der Blase am Wohnungsmarkt nachholen.

Ob die Korrektur der Preise nach unten – von etwa 20 Prozent ist die Rede – die in anderen Ländern schon geschehen ist, in Schweden also nur aufgeschoben wurde und demnächst ansteht und ob dies dann plötzlich passieren oder durch schwache Preisentwicklung aufs gerade begonnene Jahrzehnt ausgedehnt wird, ist wie alles in diesem Themenbereich Spekulation. Doch das Risiko besteht, dass ein schlechtes Geschäft macht, wer heute in den Wohnungsmarkt einsteigt, und damit langfristig seine finanzielle Situation verschlechtert, was wiederum nicht gut für den Rest der schwedischen Wirtschaft ist.

Erschwerend kommt hinzu, dass unklar ist, wer eigentlich für den Wohnungsmarkt zuständig ist. Zu den Aufgaben der schwedischen Zentralbank gehört er formell nicht, obwohl diese mit der Zinspolitik den größten Einfluss hat. Der Ball liegt also bei Regierung und Reichstag, die zumindest bisher nicht gegensteuern.

Links: 1, 2, 3

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Gesundheitsausgaben und ihr Resultat

Das Gesundheitssystem ist ständiges Thema in der politischen Debatte. Steigende Kosten, leere Kassen und was man dagegen tun kann. In Deutschland die Kopfpauschale, in den USA Obamas große Gesundheitsreform und in Schweden die langen Wartezeiten.

Die Diskussion wird jedoch fast ausschließlich innerhalb von Landesgrenzen geführt und als Vergleich gilt immer wie es bisher war – wird es in Zukunft besser oder schlechter? Ein internationaler Vergleich ist auch nicht einfach, zu unterschiedlich sind die Systeme und ihre Finanzierung. Wenn man jedoch einen Schritt zurück tritt, alle Details beiseite lässt und danach fragt, wie viel Geld fürs Gesundheitssystem ausgegeben wird und wie lange die Menschen infolge dessen leben, dann kann man interessante Entwicklungen ablesen.

Lasst uns einen Blick auf eine entsprechende Grafik werfen:

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Link zur interaktiven Grafik

Auf der vertikalen Achse ist die Lebenserwartung angegeben, also ein Maß dessen, was das Gesundheitssystem im jeweiligen Land leistet. Die horizontale Achse entspricht den Gesundheitsausgaben pro Einwohner. Für ein paar interessante Länder ist jeweils die Entwicklung dieser beiden Größen von 1995 bis 2006 aufgetragen.

Ein Blick auf die horizontale Linie mit 80 Jahren Lebenserwartung zeigt zum Beispiel, wann und zu welchem Preis sie im jeweiligen Land erreicht wird. In Japan schon Mitte der Neunziger für gut 1500\$. In Schweden etwa 2002 und für 2500\$ pro Kopf, in Norwegen 2004 für 4000\$ und in Deutschland erst etwa 2007 für ungefähr 3300\$. Die USA sind weit von 80 Jahren entfernt, trotz viel höherer Kosten.

Die Steigung der Linie, die die Kreise für ein Land verbindet, zeigt gleichzeitig, wie effektiv Mehrkosten in höheres Lebensalter umgesetzt werden – je flacher die Kurve, desto schlechter. Deutschland und Japan haben die steilsten Kurven, Norwegen und Schweden sind flacher, aber lange nicht so ineffizient wie die USA. Dass die deutsche Kurve die norwegische schneidet, bedeutet, dass man dort ab dem Jahr 2000 mehr Lebenserwartung pro Geld erreicht als in Norwegen.

Doch nicht nur die Entwicklung ist interessant, sondern auch die Lage des jeweils letzten Punktes. So erreichte man 2006 in Schweden trotz geringerer Ausgaben pro Kopf ein gutes Jahr längere Lebenserwartung als in Deutschland.

Man kann horizontal die Gesundheitsausgaben auch in Prozent des Bruttonationalprodukts auftragen, anstatt pro Person. Damit hat man quasi das Wachstum der Wirtschaft herausgerechnet. Das sieht dann so aus:

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Link zur interaktiven Grafik

Dass die Entwicklung in Deutschland hier vertikal verläuft, zeigt also, dass sich der Anteil der Gesundheitskosten an der Wirtschaftsleistung nicht verändert hat und Leute trotzdem älter werden. Die deutsche Linie liegt weiter rechts als die schwedische, was bedeutet, dass man hierzulande nicht nur absolut weniger ausgibt (siehe oben), sondern auch anteilig an der Wirtschaftsleistung (9% gegenüber 10,5%). Nichtsdestotrotz wird man in Schweden älter.

Die Grafik zeigt auch sehr anschaulich, wie schnell in den USA seit 2000 die Kosten auf über 15% der Wirtschaftsleistung angestiegen sind, was wohl das Hauptargument für die dortige Reform ist.

Man kann aus solchen Grafiken noch viel mehr herauslesen und ich kann nur empfehlen, den Links unter den Bildern zu folgen und sich per Klick auf “Play” die zeitliche Entwicklng anzusehen. Hinter Gapminder, wo man sich noch allerlei andere Größen darstellen lassen kann, steckt der Schwede Hans Rosling.

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Krone stärker

Die schwedische Krone ist heute zum ersten Mal seit Herbst 2008, als die “Finanzkrise” losbrach, wieder so stark, dass ein Euro unter 10 Kronen kostet.

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Spyker kauft Saab

Die Gerüchteküche brodelte weiter, auch nachdem General Motos vor fünf Wochen die Abwicklung der schwedischen Automarke Saab bekannt gab. Und gestern Abend kam dann der von vielen erhoffte Bescheid: Die kleine holländische Edelmarke Spyker hat genug Geld in Form von Krediten zusammengekratzt, dass man GM ein akzeptables Angebot für die Marke Saab, inklusive Fabrik in Trollhättan, machen konnte.

Bemerkenswert ist dabei, dass die bürgerliche schwedische Regierung, die eigentlich aus Prinzip gegen staatliche Hilfen ist, über die europäische Investmentbank dann doch Kreditgarantien in Höhe von 400 Millionen Euro machte. Dass Spyker das Geld nicht auf dem freien Markt zusammenbekam, zeigt für wie unsicher die Zukunft eines eigenständigen Saab gehalten wird.

Doch zunächst herrscht Freude bei Politikern und Beschäftigten. Saab wird also – solange es gut geht – weiter Autos produzieren und verkaufen, das neue Modell des 9-5 steht in den Startlöchern.

Mehr zum Thema auch bei ZEIT und SpOn.

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