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Aftonbladet und SvD

Ich bekam kurz einen Schreck, als ich die Nachricht las, dass die seriöse, eher konservative Tageszeitung Svenska Dagbladet und das Boulevardblatt Aftonbladet zusammenziehen. Dass beide zum gleichen Konzern, Schibsted aus Norwegen, gehören, wusste ich nämlich bisher nicht. Beim genaueren Lesen stellte sich die genannte “Nachricht” des Konkurrenten Dagens Nyheter jedoch als übertrieben heraus, denn die Redaktionen sollen freilich weiter eigen bleiben. Bei der Verwaltung und den IT-Abteilungen will man durch die Zusammenarbeit jedoch sparen.

Zu Schibstedt gehören auch zwei der meistbesuchten schwedischen Internetseiten, die hier neulich Erwähnung fanden: hitta.se und blocket.se.

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Zweierlei Neues

Zwei Themen dominieren zur Zeit die Nachrichtenlandschaft in Schweden.

Zum einen ist da der heimische Autobauer Saab. Die Situation ist ganz ähnlich der von Opel in Deutschland, den beide gehören zum strauchelnden General Motors. Die hiesige Politik ist jedoch nicht bereit, letzterem dabei zu helfen, Saab billig loszuwerden. Trollhättan, wo die wichigste Saab-Fabrik steht, solle sich etwas anderem als Autos widmen. Ein Konkurs oder eine Wiedergründung als eigenständige Firma sind im Gespräch.

Zum anderen ist da der Prozess um die Pirate Bay, der mit Live-Blogs von Tageszeitungen und anderen aufmerksam verfolgt und reichlich kommentiert wird. Als am zweiten Tag einer der Anklagepunkte fallen gelassen wurde, sah man das allgemein als Erfolg für die Macher der Piratenbucht.

Die Netzgemeinde ist derweil kreativ dabei, sich über die Anklägerseite lustig zu machen. Im Zusammenhang mit Torrents gibt es den englischen Begriff Seeder, was sich hierzulande gleich ausspricht wie das beliebte Getränk Cider. Der mehrmals vom Ankläger verwendete Satz “IFPI har blivit seeder” wurde dementsprechend so umgedeutet, dass die Branchenorganisation IFPI zum Cider geworden ist, und in Videos und Bildern verballhornt. Außerdem wurde auch die King-Kong-Verteidigung erfunden. Es findet also allerlei Spektakel rund um den Prozess statt, so dass das von PirateBay-Sympathisanten im Vorfeld geprägte Wort Spectrial wohl zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung wird.

Nachtrag 080220: Gerade kam die Nachricht zum Schicksal von Saab. SpOn schreibt von Insolvenz, hierzulande spricht man von einer Rekonstruktion. Ob damit das gleiche gemeint ist oder ob es da einen Unterschied gibt, weiß ich nicht. Als mögliche Lösung für sowohl Opel als auch Saab wird ein Zusammenschluss der beiden, unabhängig von GM, diskutiert.

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Bessere Zinsen

Etwas, das in Schweden besser zu funktionieren scheint als in Deutschland ist, dass die Banken hier die Zinssenkung der Zentralbank an die Kunden weitergeben. Man bekommt zum Beispiel Kredite für Wohnungen zur Zeit für etwa 3,2% Zinsen und schon geht es wieder aufwärts auf dem Wohnungsmarkt. Die schwedische Zentralbank tagt nächste Woche wieder und man erwartet eine weitere Zinssenkung.

Nachtrag 090211: Die Erwartung war richtig: Heute senkt die schwedische Zentralbank den Leitzins von bisher zwei auf ein Prozent. Offizielle Begründung ist, dass die Inflation weit unter dem Ziel von zwei Prozent liegt, man erwartet sogar eine Deflation für das laufende Jahr.

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Nett

Das Bredbandsbolaget, bei denen ich jetzt Kunde fürs Internet daheim bin, hat mich gerade angerufen. Natürlich ist man skeptisch, wenn Firmen anrufen, denn natürlich soll immer etwas verkauft werden. Diesmal jedoch nicht. Der Mensch am anderen Ende wollte lediglich wissen, ob der Anschluss geklappt hat, ob ich zufrieden bin und ob es irgendwelche Fragen gibt.

Letztere wurden dann auch gleich kompetent beantwortet, leider mit der schlechten Nachricht, dass nur etwa 10% der Kunden den Zusatzdienst einer festen IP-Adresse für unter 2 Euro extra pro Monat bekommen können und dass ich nicht dazugehöre.

Auf jeden Fall bin ich beeindruckt vom Kundenservice. Es sind solche kleinen Dinge, die eine Firma in gutem Licht erscheinen lassen, die Kunden zufrieden machen und damit halten.

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Wort der Woche: Pension

Pension bedeutet – wer hätte es gedacht – Pension, Rente. Es wird “pangschuhn” gesprochen, wegwegen man eigentlich pangsjon anstatt pension schreiben sollte, tut man aber nicht. Ich habe mich zuletzt aus Eigeninteresse mit dem schwedischen Rentensystem befassen dürfen und versuche, es im folgenden zusammenfassen.

Das System ist in mehrere Teile gegliedert:

  • allmän pension, allgemeine Rente

    • inkomstpension, Einkommensrente
    • premiepension, Prämienrente
    • garantipension, Garantierente
  • tjänste-/avtalspension, Vertragsrente
  • privat pension

Die allgemeine Rente setzt sich aus der Einkommens- und der Prämienrente zusammen. Erstere wird von der Försäkringskassan verwaltet, die sich auch um die Krankenversicherung kümmert. Die 16% des Lohns werden direkt vom Arbeitgeber abgeführt und auf diese Gelder hat man keinen Einfluss. Natürlich wächst das eigene Konto je länger man arbeitet und je mehr man verdient, es ist jedoch auch abhängig von der Konjunkturentwicklung.

Ebenfalls automatisch abgeführt wird die Prämienrente, also die 2.5% des Lohns, die den anderen Teil der allgemeinen Rente ausmachen. Dieses Geld wird von der Premiepensionsmyndigheten (PPM, myndighet bedeutet “Behörde”) verwaltet und hier hat man die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen. Man kann sich auf der Webseite der PPM einloggen und selbst die Fonds auswählen, in denen das Geld angelegt werden soll. Es stehen über 750 Fonds von einer langen Liste mit Anbietern zur Auswahl, von Aktienfonds mit hohem Risiko bis zu sichereren Rentenfonds.

Jedes Jahr um diese Zeit werden die berühmten “orangefarbenen Kuverts” verschickt. Darin findet man einen Kontoauszug, auf dem steht wie viel man jeweils an Einkommens- und Prämienrente angesammelt hat und welche monatliche Pension man davon bekommen würde.

Soweit zur obligatorischen “allgemeinen Rente”. Neben dieser haben so gut wie alle Gewerkschaften ausgehandelt, dass Arbeitgeber darüber hinaus Geld für die Rente abführen. Diese Vertragsrente variiert also von Branche zu Branche und das Geld wird auch von jeweils eigenen Organisationen verwaltet. In meinem Fall, da ich an der Uni arbeite, ist es Statens pensionsverk (SPV), das sich um die tjänstepension für alle Staatsangestellten kümmert. Genauer gesagt gibt es das Geld an Firmen weiter, die man sich selbst aussuchen kann. Auf dem Wahlzettel, den man jährlich zugeschickt bekommt, stehen sowohl Firmen, die klassische Versicherungen mit garantierter Rendite anbieten, als auch wiederum Fondsverwalter. Würde ich zum Beispiel der SPV sagen, dass ich das Fondsystem meiner Bank als Verwalter will, dann würde das Geld in meinem Onlinebanking auftauchen und ich könnte es dort aufteilen und investieren, wie ich wollte.

Dann gibt es noch die private Pension. Das ist im Prinzip eine etwas andere Art des Sparens, man zahlt also selbst aktiv Geld ein. Die Steuervorteile bei den Renditen gegenüber anderen Sparformen erkauft man sich damit, dass das Geld verschwindet, wenn man zu früh stirbt. Es gibt zwar wie bei der Vertragspension (je nach eigener Wahl) einen Rückzahlungsschutz (återbetalningsskydd), der dafür sorgt dass das noch übrige Kapital an die Hinterbliebenen ausgezahlt wird, der aber gleichzeitig auch die Rente verringert.

Man hat in Schweden also einiges zu tun was die eigene Rente angeht und einen Djungel an Möglichkeiten, in dem man sich zumindest grob orientieren muss. Man könnte sagen, der Staat hat viel Verantwortung auf seine Bürger abgeschoben – zum Guten wie zum Schlechten. Denn natürlich kann man mit Glück und Geschick seine Rente kostenlos aufbessern, andererseits ist es natürlich auch hierzulande so, dass viele solche Entscheidungen aufschieben, die erst in einigen Jahrzehnten wirksam werden. Schickt man die Wahlformulare für die Prämien- und Vertragspension nicht ausgefüllt zurück, wird eine Standardwahl für einen getroffen.

Immerhin gibt es eine Webseite, die alle eigenen Rentenkonten sammelt und einem eine Übersicht bietet. Minpension.se ist eine Zusammenarbeit aller oben genannten Behörden und Firmen und nachdem man die Erlaubnis erteilt hat, holt Minpension.se die entsprechenden Informationen von den verschiedenen Aktören und stellt sie einem nett dar.

Was passiert, wenn man in Rente geht? Dann wird das Guthaben in den verschiedenen Rentenformen zusammengeworfen und durch die durchschnittliche verbleibende Lebenszeit (gut 18 Jahre, wenn man 65 ist) geteilt. Daraus errechnet sich die monatliche Zahlung, auch wenn man länger lebt als “vorgesehen”. Man kann seine Rente also stark aufbessern, wenn man länger arbeitet, denn es wird sowohl länger eingezahlt als auch dann durch einen kürzeren Zeitraum geteilt.

Die Garantierente greift ein, wenn man ansonsten zu wenig Rente bekommen würde. Für den vollen Betrag (z.Zt. etwa 7600 Kronen pro Monat) muss man 40 Jahre in Schweden gelebt haben, ansonsten wird anteilig gekürzt.

Aus obigen Ausführungen sollte klar geworden sein, dass das schwedische Rentensystem stark an die Entwicklung der Wirtschaft und der Finanz- und Börsenmärkte gekoppelt ist. Das bedeutet, dass mit den starken Verlusten in den letzten Monaten auch viel schwedisches Rentengeld “verschwunden” ist. Die Politik streitet sich gerade, was getan werden kann, damit die Auszahlungen an Rentner im kommenden Jahr nicht zu sehr sinken.

Nachtrag: Kaum habe ich das geschrieben, da kommt die Nachricht, dass die ersten Rentenzahlungen gekürzt werden.

Nachtrag, 2010-02-09: Was oben zu den Behörden steht stimmt nicht mehr.

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Weniger Alkoholimport und -konsum

Das Thema Alkohol hatten wir schon eine Weile nicht. Das Svenska Dagbladet kommentiert heute die letzte Statistik (PDF) des Zentrums für Alkohol- und Drogenforschung an der Uni Stockholm.

Ein paar Ergebnisse, jeweils aus dem dritten Quartal 2008 im Vergleich zum Vorjahr:

  • Der Gesamtkonsum hat um 4% abgenommen.
  • Der Verkauf in den staatlichen Monopolläden Systembolaget hat um 3% zugenommen.
  • Die beiden letzten Aussagen widersprechen sich nicht, denn private Einfuhr und Eigenherstellung haben je um fast 20% abgenommen. Es wurde auch 13% weniger geschmuggelt und auch der Verkauf von Folköl (bis 3.5% Alkohol im Supermarkt) und in Restaurants hat nachgelassen.
  • Der Rückgang im Konsum betrifft vor allem starke Alkoholika; Bier und Wein sind fast unverändert. Außerdem gleicht er nur einen Teil des Anstiegs um 30% aus, der in den zehn Jahren stattfand, nachdem Schweden der EU beitrat.
  • Als absolute Zahlen werden in der Statisktik 9,6 Liter pro Jahr und Kopf (über 15 Jahre) angegeben. Das lässt sich aber nicht mit den 10,6 Litern vergleichen, die man oft für Deutschland liest – offensichtlich wird hier anders gemessen oder normalisiert. In einer weltweiten [WHO-Studie von 2004](http://www.who.int/substance_abuse/publications/alcohol/en/index.html) liegt Deutschland auf Platz 9 mit 12,9 Litern. Schweden trinken laut der gleichen Studie nur gut die Hälfte (6.9l) und an diesem Verhältnis dürfte sich in der Zwischenzeit nichts geändert haben.

    Warum haben die Schweden die Lust am privaten Import verloren? Vielleicht hat die Lockerung der Einfuhrmengen den Reiz des Neuen verloren, vielleicht ist es die [schwache Krone](http://www.fiket.de/2008/10/16/schwache-krone/), die sich schon bemerkbar macht, indem sie das Einkaufen im Ausland verteuert.
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Kredit per SMS

Dass ein Kredit mit 360% effektivem Jahreszins kein gutes Geschäft ist, sollte selbstverständlich sein. Ist es aber leider nicht.

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Stomatol

Stomatol

Stomatol ist eine schwedische Zahncreme, die es seit Anfang des 20. Jahrhunderts gibt und die zeitweise eine so Marktbeherrschende Stellung hatte, dass der Ausdruck “Stomatollächeln” geprägt wurde.

Das Werbeschild im obigen Bild ist von 1909 und eine der ersten blinkenden Reklamtafeln überhaupt. Die bekannte Landmarke steht auf einem der Nachbarhäuser des Slussen in Stockholm. Es ist jedoch nicht geschützt als Kulturdenkmal.

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Blocket

In Deutschland, wie in vielen anderen Ländern, dominiert Ebay den Markt für “Kleinanzeigen” im Internet. Das Konzept der Versteigerung und dass der Preis durch die Mitbieter festgelegt wird, hat offensichtliche Vorteile für Verkäufer und durch die vielen Käufer sind echte Schnäppchen (schw: klipp) die Ausnahme geworden.

Das “schwedische Ebay” Tradera gehört seit bald drei Jahren zu Ebay, hat aber seinen eigenen Charakter vollständig behalten dürfen, sowohl im Aussehen als auch in den kleinen Unterschieden zum Ebay-Standard. Das Angebot ist nicht mehr ganz so klein, auch von Zugtickets abgesehen. Ich habe dort in den letzten Monaten zwei Käufer für Kamera-Zubehör gefunden, das ich nicht mehr brauchte.

Unangefochtener Marktführer bei privaten Verkäufen in Schweden ist und bleibt jedoch Blocket, eine Seite mit klassischen Kleinanzeigen, die den Verkäufer 20-90 Kronen kosten – je nach Kategorie. Hier war es nicht zuletzt wegen der starken regionalen Aufteilung kein Problem, vorgestern einen schicken gebrauchten Kleiderschrank und andere kleinere Möbel zu finden und sie ein paar Stunden später mit dem schnell angemieteten Lieferwagen abzuholen.

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Tunnelbana wechselt Betreiber

Etwas unerwartet war es schon, dass Stockholms lokaltrafik (SL) bei der Bekanntgabe gestern nicht dem französischen Konzern Veolia den Auftrag gab, die Stockholmer U-Bahn weiterhin zu betreiben. Es lief nämlich eigentlich gut, die Pünktlichkeit hatte zuletzt ebenso zugenommen wie die Zufriedenheit der Kunden.

Neben Veolia war in den letzten Wochen nur noch MTR aus Hongkong im Rennen; die vor längerem erwähnte S-Bahn Berlin war schon ausgeschieden. Es handelt sich bei dem Geschäft nicht um einen Verkauf: Züge und Schienennetz bleiben bei SL, das auch die Einnahmen aus den Ticktets bekommt.

MTR bekam jetzt also den Zuschlag für den prestigeträchtigen Auftrag mit der Begründung, für den gleichen Preis mehr Qualität zu liefern. Etwa zweieinhalb Milliarden Kronen pro Jahr für die nächsten acht Jahre, mit Option auf sechs weitere, wird SL an MTR für den Betrieb und die Instandhaltung der Tunnelbana zahlen. Anhand von mehreren Qualitätskriterien wird der Preis Jahr für Jahr angepasst. Läuft es gut, bekommt MTR mehr, ansonsten weniger.

Im Herbst werden die Angestellten vom alten Betreiber zu MTR übernommen, der auch mehr Leute einstellen will, um den Service zu verbessern. Praktisch wird sich für den Kunden kaum etwas ändern, abgesehen davon, dass hier und da ein neues Logo und neue Uniformen des Personals zu sehen sein werden.

Lustigerweise wird die neue Chefin der Tunnelbana eine alte sein. Torborg Chetkovitch verließ im Frühling Veolia und wurde dann von MTR angeworben. Rochade.

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