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Schwedischer Impfstoff gegen AIDS?

Gestern präsentierten (S) schwedische Forscher vom Karolinska Institutet in Stockholm ihre Pilotstudie eines Impfstoffes gegen HIV, den Erreger der Immunschwächekrankheit AIDS. Es handelt sich um einen genetischen Impfstoff, der bei 34 von 38 gesunden Testpersonen eine Immunreaktion hervorrief, inklusive der Produktion von Zellen, die HIV-infizierte Zellen abtöten. Das ist ein großer Schritt vorwärts, denn bisher kann man AIDS lediglich eindämmen, nicht heilen.

Ein Impfstoff, der das menschliche Immunsystem auf eine HIV-Attacke vorbereitet und dagegen schützt, ist nobelpreisverdächtig. Bis es soweit ist, werden aber noch einige Jahre ins Land ziehen, denn dieses vielversprechende Resultat ist lediglich der Anfang einer Reihe von Studien, die u.a. in Tansania fortgesetzt werden sollen. Man kann noch nicht einmal sicher sein, ob der Impfstoff wirklich vor einer Neuinfektion mit HIV schützt, oder “lediglich” die Auswirkungen von AIDS mildert.

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Wort der Woche: Personnummer

Als Ausländer merkt man spätestens nach einigen Wochen in Schweden, dass einem etwas fehlt, nämlich eine personnummer. Das Wort bedeutet genau das, was man leicht errät, und bezeichnet die Identifikationsnummer, die der schwedische Staat an seine Einwohner vergibt. Sie fungiert gleichzeitig als Ausweis-, Steuer-, Einwohnermelde- und Krankenversicherungsnummer und wird noch bei einer Vielzahl anderer Zwecke benötigt.

Die Nummer besteht aus dem sechsstelligen Geburtsdatum und vier weiteren Ziffern, die meist durch einen Bindestrich von den ersten sechs abgetrennt werden: JJMMTT-XXXX. Schweden bekommen ihre personnummer seit 1947 bei ihrer Geburt und bis 1990 konnte man anhand der ersten beiden Extraziffern sehen, in welchem län eine Person geboren war. Heute sind die ersten drei Stellen nach dem Bindestrich eine laufende Nummer.

Die letzte Stelle ist eine Kontrollziffer, die sich aus allen vorherigen nach dem Luhn-Algorithmus berechnet. Dazu multipliziert man zuerst alle Ziffern der personnummer abwechselnd mit Zwei und Eins und summiert die Ergebnisse auf, wobei aus eventuellen zweistelligen Multiplikationsergebnissen zuerst die Quersumme gebildet wird. Das Ergebnis der Summe zieht man zuletzt von der nächsthöheren Zehnerzahl ab, um die endgültige Kontrollziffer zu bekommen. Ein Beispiel: Um zur Nummer 780323-114X das letzte X zu füllen, rechnet man (2*7 → 14 → 5) + (1*8) + 0 + (1*3) + (2*2) + (1*3) + (2*1) + (1*1) + (2*4) = 34 und weil 40 – 34 = 6, ist die Kontrollziffer die Sechs.

Wenn man als EU-Bürger dem Einwanderungsamt (_migrationsverket_) glaubwürdig versichert, dass man länger als ein Jahr in Schweden leben wird, bekommt man über das Steueramt (_skatteverket_) gleich eine richtige personnummer, anstatt einer temporären, die einem etwas anderen Schema folgt. Diese Nummer ist erstaunlich wichtig im Alltag und man tut gut daran, sie schnell auswendig zu lernen.

Man könnte als Außenstehender daran zu Recht kritisieren, dass es dem Staat mit dieser Nummer recht leicht gemacht wird, seine Bürger zu überwachen oder dass der Einzelne sogar zu einer Nummer erniedrigt wird. Vielleicht äußert sich darin, dass kein Schwede die personnummer seltsam findet, ein etwas weitergehendes Vertrauen in den Staat als beispielsweise in Deutschland, wo sogar ich mich noch vage an die Volkszählungsdebatte erinnere. Datenschutz gibt es natürlich trotzdem in Schweden und ein weiteres Plus des schwedischen Staates, das die mögliche Überwachung zumindest teilweise aufwiegt, ist seine Transparenz. Durch das Öffentlichkeitsprinzip kann jeder bis auf wenige Ausnahmen dem Staat auf die Finger schauen und Einblick in Unterlagen erhalten.

Nachtrag: Für über Hundertjährige wird der Bindestrich eigentlich durch ein Plus-Zeichen ersetzt, um dem unwahrscheinlichen Fall einer Zweideutigkeit vorzubeugen. Das Trennzeichen wird aber oft weggelassen und so kam es wohl auch zu dieser Geschichte, in der eine 104-jährige Frau in die Vorschule gerufen wurde.

Nachtrag, 24.02.07: An der vorletzten Stelle kann man außerdem das Geschlecht der jeweiligen Person ablesen: Frauen haben gerade Zahlen, Männer ungerade.

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Breitband-Internet in Schweden

Hier wird nicht gekleckert sondern geklotzt, wenn man von einem Breitbandanschluss spricht: 100 Mbit/s für Downloads und 10 Mbit/s für Uploads bekommt man für umgerechnet 35 Euro. Das gilt zwar nur für Wohnungen, die mit einer Netzwerkdose ausgestattet sind, aber das sind sehr viele. Wer nur mit DSL über die Telefonleitung ins Internet kann, ist aber mit 24 bzw. 1 Mbit/s Down- bzw. Uploadgeschwindigkeit immer noch besser versorgt als jeder Deutsche, der es (für mehr Geld) bis auf 6 bzw. ein halbes Mbit/s bringen kann.

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Schwedens größtes Teleskop

Es ist wirklich keine gute Idee, in Schweden ein neues Teleskop zu bauen – das Wetter ist einfach zu schlecht. Im Rahmen der Europäischen Südsternwarte (ESO) benutzten schwedische Astronomen heute meist die großen Teleskope in Chile.

Dennoch kommt in Kürze ein Teleskop mit einem Spiegeldurchmesser von 1.4m nach Lund in Südschweden und wird den Platz des größten hierzulande einnehmen. Es hat sich nämlich als billiger erwiesen, ein altes ungenutztes Teleskop aus Chile, das in den 70er Jahren von Schweden mitkonstruiert wurde, zurückzuholen, als ein neues zu bauen.

Es nennt sich Coudé Auxiliary Telescope, kurz CAT, und hatte seinen Platz bisher in der kleineren Kuppel direkt neben dem 3,6m-Teleskop der ESO am La Silla Observatorium in Chile (siehe Bild). Zur Zeit befindet es sich in Container verpackt auf dem Wasserweg und soll in zwei Wochen ankommen. Wer des Schwedischen mächtig ist, findet hier noch etwas mehr Information.

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Neuer schwedischer Buchstabe: W

Ja, das W gehörte in Schweden bisher nicht zum Alphabet, was wohl auch daran liegt, dass V immer wie W ausgesprochen wird und dieses somit überflüssig ist. Nur in Eigennamen und Fremdwörtern kam W vor. Letztere werden aber auch im Schwedischen immer mehr und somit findet das W jetzt seinen Platz im Wörterbuch.

Ein weiteres Kuriosum des schwedischen Alphabets sind die Umlaute, die eben gerade keine solchen sind, sondern als eigene Buchstaben gesehen werden. Å, Ä und Ö haben ihren Platz in dieser Reihenfolge am Ende des Alphabets – wichtig beim Nachschlagen.

(via)

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Schweden-Klischees und FAQ

In Deutschland und auch anderswo gibt es bestimmte Dinge, die man mit Schweden assoziiert und man bekommt auch oft die gleichen Fragen gestellt, wenn man erzählt, dass man in Schweden lebt. Um einige Klischees also gleich aufgegriffen und damit erledigt zu haben, solange dieses Blog noch jung ist, kommt hier meine persönliche Schweden-FAQ.

Schon einem Elch begegnet? Ja, im Zoo. Und auf dem Teller.

Ist es kalt im Winter? Ja.

Und dunkel? Ja, aber hier in Uppsala hat man auch Ende Dezember noch einige Stunden Tageslicht.

Gibt es da Nordlichter? Jein. Um gute Chancen auf Nordlichter zu haben, muss man weiter nördlich fahren. Ich hatte aber auch schon einmal das Glück hier auf dem 60. Breitengrad.

Sind alle Schwedinnen blond? Nein! Ich bin nicht einmal davon überzeugt, dass der Anteil blonder Menschen in der Bevölkerung höher ist als in Deutschland.

Die Schwedinnen sind alle so toll! Hmmm. Ja, mindestens eine.

Was ist Surströmming und wie schmeckt das? Surströmming sind -vergammelte- vergorene kleine Heringe, die sehr übel riechen, wenn man die Dose aufmacht. Schmecken nicht sonderlich gut. Salzig. Es ist vor allem eine ziemliche Fummelei, den winzigen Fischen etwas Essbares abzuringen.

Wie groß ist Schweden eigentlich? Etwa 20% größer als Deutschland, das aber zehn Mal so dicht besiedelt ist. Uppsala ist mit lächerlichen 180.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt des Landes.

Sind die Schweden so zugeknöpft wie man sagt? Im Allgemeinen schon etwas mehr als Deutsche, aber die individuellen Unterschiede sind groß, weswegen es kein Problem sein dürfte, einen Schweden zu finden, der lockerer ist als ein zufällig ausgewählter Deutscher.

Gibt es Fettnäpfchen, in die man als Deutscher gerne tritt? Mehr als man denkt, man ist aber meist zu höflich, darauf hinzuweisen. Ein paar Beispiele:

  • Schuhe beim Betreten einer fremden Wohnung nicht ausziehen.
  • Einen Kuchen ohne Aufforderung anschneiden oder mehr als sein eigenes Stück schneiden.
  • “Smaklig Måltid” (“Guten Appetit”) sagen, wenn man nichts zum Essen beigetragen hat.
  • Eine Ansicht hart verteidigen. Über die schwedische Diskussionskultur zu schreiben steht auf meiner Liste, kommt also bald.

    **Wie war das mit dem Alkohol in Schweden?** Der Staat hat ein Monopol auf den Verkauf aller Getränkte mit mehr als 3.5% Alkohol. Deswegen bekommt man im Supermarkt nur Bier mit 3.5% und alles andere, also “richtiges Bier”, Wein oder Spirituosen muss man im *Systembolaget*, den staatlichen Alkoholläden, kaufen. Abgesehen davon ist die Alkoholsteuer sehr hoch, was Leute in Südschweden nach Dänemark oder Deutschland zum Einkaufen fahren lässt und auch dafür sorgt, dass das Schwarzbrennen hierzulande nie ganz ausgestorben ist. **Trinken Schweden viel?** Rein statistisch nein! Der Konsum pro Kopf und pro Jahr liegt unter dem in Deutschland. Ich habe aber gleich zwei Erklärungen für dieses Gerücht: Erstens ist Alkohol für Schweden im Ausland (also z.B. in Deutschland) *immer* billig. Das wird dann auch gerne ausgenutzt und kann dazu führen, dass dieses Zerrbild der immertrinkenden Schweden entsteht. Desweiteren ist die Trinkkultur eine andere und zwar insofern, dass man im Alltag eher nichts trinkt, also keine täglichen Biere oder Wein zum Essen. Wenn man aber ausgeht, kann es ordentlich zur Sache gehen und dies sind natürlich die prägenden Ereignisse, die man als Außenstehender im Gedächtnis behält. Aber auch diese Aussage ist globalisiert und nur noch halb wahr, denn die Schweden werden “kontinentaler”, womit ich meine, dass das regelmäßige Glas Wein zum Essen üblicher geworden ist. *Nachtrag*: Die Gegenseite wird im Artikel [*Schweden über Deutsche*](http://www.fiket.de/2006/05/30/schweden-ueber-deutsche/) betrachtet.
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Schweden wollen Kernkraft

Dagens Nyheter schreibt (S, Übersetzung von mir):

Unter Schweden ist der Rückhalt für die weitere Anwendung und den Ausbau an Kernenergie größer denn je. Jeder zweite Schwede will heute die Kernkraft langfristig beibehalten. [...] Jeder sechste ist sogar für deren Ausbau.

Und das obwohl Tschernobyl auch hier ein einschneidendes Ereignis war. Argumente wie die “Sauberkeit” (kein CO2-Ausstoß) der Kernkraft hört man recht häufig. Wenn ich mich recht erinnere, sind Atomkraftwerke aber nur wegen der massiven staatlichen Subventionen rentabel und das Abfallproblem ist immer noch ungelöst. Schwedens hoher Anteil an Wasserkraftwerken, die sich vor langen amortisiert haben und beinahe kostenlos Strom produzieren, stehen wiederum in einem schlechteren Licht, als man das von “alternativen Energien” erwaren würde. Sie stellen nämlich einen nicht geringen Eingriff in die natürlichen Wasserläufe dar und aus Naturschutzgründen wird nach meinem Wissen die Wasserkraft an schwedischen Gebirgsflüssen nicht weiter ausgebaut.

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Preis für schwedischen Mathematiker

Lennart Carleson hat heute den Abel-Preis bekommen, einen mit 740.000 Euro hochdotieren Preis für Mathematiker. Carleson war wohl lange Jahre hier in Uppsala tätig und hat viele mathematische Nachkommen hervorgebracht. Wer genau wissen will, wofür er ausgezeichnet wurde, kann es hier nachlesen.

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