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Wort der Woche: Måttsats

In schwedischen Küchen gibt es keine Küchenwaagen, sondern einen måttsats. Mått bedeutet nichts anderes als “Maß” und der måttsats ist deswegen ein “Satz mit Messbechern”. Hier ist unserer:

Måttsats

Zu sehen sind hinten die Maße für einundeinviertel Deziliter, 1dl, und einen halben. Vorne sind der matsked (abgekürzt msk, zu Deutsch “Esslöffel”, 15ml), der tesked (tsk, “Teelöffel”, 5ml) und das kryddmått (1ml), das wörtlich “Gewürzmaß” heißt und wohl der deutschen Kücheneinheit “Messerspitze” am nähsten ist.

Damit solche Maßeinheiten eine Waage ersetzen können, müssen Rezepte natürlich Volumen anstatt Gewicht angeben und genau das ist in Schweden der Fall. Das ist auch praktisch, weil man zum Beispiel beim Backen Milch, Mehl und Zucker in den gleichen Einheiten misst und mit dem gleichen Werkzeug dosiert. Das Maß mit 1dl ist hierbei zweifelsohne das wichtigste.

Zu beachten ist auch, wenn man ein schwedisches Rezept befolgt, dass Tee-und Esslöffel wirklich die Mengen der oben gezeigten Becherchen meint und nicht ein beliebiges Besteck mit dem gleichen Namen; die sind nämlich meist kleiner.

Wenn man hierzulande ein Rezept aus Deutschland backen will, ist also erst einmal rechnen angesagt. Wie viele dl sind ein kg Mehl? Etwa 17, wie man mit der Information auf dem Mehlpaket, dass 1dl 60g entspricht, herausfindet. Die Angabe meiner Mutter zu Backpulver und Vanillezucker in “Päckchen” oder “Tütchen” im Plätzchenrezept meiner Kindheit sind ziemlich wertlos, weile beide in Schweden in größeren wiederverschließbaren Behältern kommen. Augenmaß (schw. ögonmått) ist also angesagt.

Wir backen übrigens gerade die eben genannten Plätzchen und lussekatter.

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Wort der Woche: Lunginflammation

Man kann es wohl erraten, dass lunginflammation das schwedische Wort für “Lungenentzündung” ist. Keine Sorge, ich habe keine, sondern René Descartes – vor gut 350 Jahren. Er starb daran im Februar 1650 in Stockholm. Und das kam so.

Königin Kristina, die Tochter des schon mindestens einmal hier erwähnten Gustav II. Adolf, des Architekten des Großreichs Schweden im 17. Jahrhundert, war an der Macht. Sie förderte die Uni Uppsala – unter anderem landete die Unibibliothek von Würzburg als Beute nach dem Dreißigjährigen Krieg hier in Uppsala – und ihren verschwenderischen Hof schmückte sie mit Künstlern und Gelehrten.

Nach einem längeren Briefwechsel mit Descartes lud sie ihn im Herbst 1649 zu sich nach Stockholm ein. Ob er bei dieser “Einladung” so viel Wahl hatte, sei dahingestellt. Auf jeden Fall bekamen ihm die kalte Umgebung und die von ihr geforderten frühmorgendlichen Sitzungen mit der Königin nicht. Nach nur wenigen Monaten starb Descartes an der erwähnten Lungenentzündung.

Dass sie im protestantischen Schweden später die Krone niederlegte, um sich mitsamt Staatskasse im Rom dem Papst zu unterwerfen, dafür ist sie jedoch allemal mehr bekannt, als dafür, Descartes auf dem Gewissen zu haben.

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Wort der Woche: TiM-kort

TiM ist die Abkürzung für Trafik i Mälardalen, zu Deutsch “Verkehr im Tal des Mälaren”. Dabei handelt es sich um eine der kleinen Annehmlichkeiten des Alltags, die ich in Schweden häufig besser finde als in Deutschland, auch wenn ich nicht weiß, was sich in der alten Heimat diesbezüglich in den letzten Jahren getan hat.

Die TiM-Karte ist eine auf kurze Entfernung berührungslos auslesbare Karte, die es seit zehn Jahren gibt und mit der man Busse und Züge von Uppsala über Stockholm bis Örebro und Norrköping bezahlen kann. Das klingt wenig spannend, ist aber so geschickt gelöst, dass es das Leben tatsächlich einfacher macht, gerade für tägliche und Gelegenheitspendler wie mich.

Man lädt die Karte an einem Automaten auf, entweder mit einem monatlichen Betrag oder wie ich mit einer “Börse” in beliebiger Höhe, von der dann zeitlich unbegrenzt immer der aktuelle (zeitlich variierende) Preis der Fahrkarte abgebucht wird, wenn man sie im Vorbeigehen an einen der kleinen Kästen am Bahnsteig hält. Man kann nämlich seine übliche Strecke auf der Karte markieren, so dass sich die Interaktion auf ein Minimum beschränkt. Das reduziert den Aufwand, seine Fahrkarte zu lösen, darauf, kurz einen Schritt langsamer zu gehen – ein unschätzbarer Vorteil, wenn man zeitlich knapp zum Bahnhof kommt.

Zusätzlich kann man von der Börse auch andere Stecken recht einfach am Automaten lösen, ohne seine Kreditkarte zücken zu müssen. Die TiM-Karte ist unpersönlich, man kann sie also ver- oder ausleihen und es werden keine unnötigen personalisierten Daten gesammelt. Die Kontrolle des Schaffners im Zug besteht dann darin, dass dieser die Karte kurz an sein Lesegerät hält, um zu prüfen, ob man auch wirklich hat abbuchen lassen. Oft winken sie jedoch ab und verlassen sich darauf, dass man aus Gewohnheit seine Karte am Bahnsteig kurz entwertet hat.

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Wort der Woche: Hembränt

Das Thema Alkohol ist schier unerschöpflich. Wegen der traditionell hohen Steuern und der strengen Regulierung des Verkaufs im Systembolaget ist es nicht verwunderlich, dass einige Schweden selbst Hand anlegen und schwarz brennen. Das Resultat, der “daheim gebrannte” Schnaps, wird hembränt genannt.

Der typische Behälter ist ein weißer Plastikkanister wie man ihn auch in der mit Klischees überladenen IKEA-Werbung über Mittsommer bestaunen kann. Genau weiß es natürlich niemand, wie weit verbreitet diese höchst illegale (v.a. wenn man das Getränk verkauft) Tätigkeit ist, aber man sagt, dass in den letzten Jahren geschmuggelte Importware den Schwarzbrennern den Markt abgegraben hat. Nichtsdestotrotz sind Anspielungen auf hembränt unter Schweden immer wieder einen Lacher wert und man kann wohl so weit gehen, es als schwedisches Kulturgut zu bezeichnen, das vorwiegend für die ländlichen Gegenden Norrlands typisch ist.

Die traditionelle Methode, das Gesöff zu testen, das einem angeboten wird, ist das Anzuzünden. Brennt es grün, ging bei der Herstellung etwas schief und es entstand Methanol. Das ist giftig und macht blind! Ethanol, der trinkbare Alkohol, brennt blau. Brennt es überhaupt nicht, ist der Schnaps zu schwach und man verlangt sein Geld zurück.

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Wort der Woche: Bråttom

Jag har bråttom.

ist die gewöhnlichste Art, auf Schwedisch zu sagen, dass man es eillig beziehungsweise keine Zeit hat. Es ist kein Zufall, dass heute das Wort der Woche ist und demnach etwas kurz ausfällt.

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Wort der Woche: Golvbrunn

In vielen schwedischen Wohnungen ist das gesamte Badezimmer mit einem wasserfesten Boden ausgekleidet und dieser ist leicht zu einer Stelle hin geneigt, an der ein etwa zwanzig Zentimeter großer, runder, mit einem Plastikgitter bedeckter Abfluss eingelassen ist. Das ist der sogenannte “Fussbodenbrunnen”, schwedisch golvbrunn.

Das hat mehrere praktische Vorteile. Zum einen ist es leicht, das Badezimmer zu putzen – einfach mit dem Duschkopf den gesamten Boden nachspülen und in den Abfluss laufen lassen. Zum anderen braucht man keine Duschwanne, sondern ein Vorhang in einer Ecke reicht – das Wasser läuft in den golvbrunn. Üblich sind auch breite Gummilippen am Stiel, mit denen man den Badezimmerboden abzieht, um stehengebliebenes Wasser in den Abfluss zu befördern. Eine eventuelle Badewanne kann ihren Abfluss durch ein kurzes Rohr mit dem “Brunnen” verbinden und es müssen keine eigenen Abflussrohre verlegt werden.

Der golvbrunn ist so konzipiert, dass das darin stehende Wasser das Abflussrohr dahinter verschließt und keine Gerüche aus dem Rohr kommen können. Das bedeutet aber auch, dass sich im Laufe der Zeit Schmutz und Ablagerungen ansammeln und dass der Brunnen ab und zu gereinigt werden muss. Das ist olfaktorisch keine sehr angenehme Aufgabe.

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Wort der Woche: Jympa

Es gibt einen Sportverein in Schweden, der vier Prozent der Bevölkerung als Mitglied zählen kann und dessen 150 Filialen an einigen Orten mehr als jeden zehnten Einwohner in Bewegung bringen.

Dieser Verein nennt sich Friskis & Svettis und der Name ist alleine schon eine kurze Erklärung wert. Der Endung -is ist eine der Arten, im Schwedischen Substantive zu bilden beziehungsweise umgangssprachlich abzukürzen und zu verniedlichen. Das bekannteste Beispiel dürfte kompis sein, das Herkunft (Kompagnon) und Bedeutung mit dem deutschen “Kumpel” teilt. Friskis & Svettis sind auf die gleiche Art von den schwedischen Wörtern für “gesund” und “Schweiß” abgeleitet, mir fällt aber leider keine gute Art ein, die mitschwingende Bedeutung zu übersetzen.

Auf jeden Fall ist das Hauptanliegen des ideellen Vereins F&S, so vielen wie möglich eine leicht zugängliche Art der Bewegung anzubieten und das passiert vor allem mit jympa oder, etwas traditioneller geschrieben aber gleich ausgesprochen: gympa. Das wiederum ist zwar eine Kurzform von “Gymnastik”, dieses Wort würde einen aber in die Irre führen, wenn man dabei ans Turnen denkt.

Es geht im Prinzip darum, dass alle Teilnehmer eines Trainingpasses die Übungen nachmachen, die der Leiter angibt und vorführt. Es wird viel gehüpft und darauf Wert gelegt, sowohl Ausdauer als auch Kraft zu trainieren. Es gibt Abstufungen im Schwierigkeitsgrad und zahlreiche Varianten zu jeweils festen Trainingszeiten. Einen Überblick auf Deutsch bietet die hiesige Filiale an – es scheint als habe man sich auf die vielen deutschen Austauschstudenten eingestellt.

Wie oben schon erwähnt ist die gympa in Schweden sehr populär. Hinzu kommt noch, dass F&S nicht die einzigen sind, die diese Art des Trainings anbieten und dass es keine begrenzte Altersstruktur zu geben scheint. Alle, von jungen Menschen bis zum Rentner, können zur gympa gehen und man tut es zahlreich.

Bevor jemand fragt: Nein, ich selbst habe es noch nicht probiert…

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Wort der Woche: Gallimatias

Es war einmal im antiken Rom, dass ein Richter über einen Hühnerdieb zu entscheiden hatte. Er wollte von Matthias’ Hahn reden, versprach sich aber und sagte galli matthias anstatt gallus matthiae. Und da das stattdessen “des Hahns Matthias” bedeutet und wenig Sinn ergibt, wurde es zum sprichwörtlichen Ausdruck für einen unsinnigen Satz.

So geht zumindest die Legende und egal ob sie wahr ist (wahrscheinlich nicht) und ob das Latein überhaupt stimmt, ist gallimatias ein schwedisches Wort und bedeutet “unzusammenhängendes Geplapper”, “sinnlose Rede”, “Kauderwelsch”. Letzteres steht im Deutschen zwar eher für Geschwafel, aus dem man nicht einmal einzelne Wörter versteht, während gallimatias eher für inhaltlichen Unsinn steht, der grammatikalisch durchaus korrekt sein kann. Trotzdem ist es nicht weit entfernt.

Näher an “Kauderwelsch” und nicht weit von gallimatias liegt übrigens das Lehnwort rappakalja aus dem Finnischen, das wohl eigentlich so viel wie “gepanschte, schwach alkoholische Limonade” bedeutet.

Quellen: Hörensagen und ein Blick in die Wikipedia und auf susning.nu.

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Wort der Woche: Raggarrunda

Raggarrunda steht fast seit Beginn von Fiket auf der Liste, Wort der Woche zu werden. Es hat wohl so lange warten müssen, weil es nicht ganz einfach zu erklären ist und ein Text dem Leser nur einen blassen Eindruck vermitteln kann im Vergleich dazu, einen Freitagabend in einer schwedischen Kleinstadt zu verbringen.

Ragga ist zunächst einmal eines jener Verben, die man eher selten geschrieben sieht, und bedeutet “jemanden aufreißen” oder “anmachen”. Abgeschwächt, seiner rein sexuellen Bedeutung beraubt und halb ironisch kann man es auch für “mit jemandem anbandeln” verwenden.

Dann gibt es Raggare. Raggare fahren amerikanische Straßenkreuzer aus den Fünfzigern. Raggare sehen ein wenig aus wie Elvis. Sie fahren amerikanische Straßenkreuzer aus den Fünfzigern. Raggare hören Rock’n Roll. Raggare fahren amerikanische Straßenkreuzer aus den Fünfzigern und Sechzigern. Raggare und ihre Subkultur gibt es schon lange in Schweden und nach einem Tief in den Achtzigern und Neunzigern scheint sie wieder an Popularität zuzulegen. Raggare fahren amerikanische Straßenkreuzer aus den Fünfzigern und verwenden sie als Hilfe bei der namensgebenden Tätigkeit (siehe oben). Raggare hören Rockabilly. Sie waren in den Siebzigern der Antipol zu Punks. Und das Wichtigste: Raggare fahren amerikanische Straßenkreuzer aus den Fünfzigern.

Damit patrouillieren sie am Wochenende die Runde zwischen Marktplatz, Folkets Hus, Tankstelle, Würstchenbude und zurück. Das ist die sogenannte Raggarrunda.

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Wort der Woche: Höst

Herbstweg

Höst ist das schwedische Wort für “Herbst” und dieser ist hier gerade in vollem Gange. Nicht mehr lange und die Blätter mit den kräftigen Farben sind zu Boden geweht. Dann beginnt die farblose und dunkle Hälfte des Jahres.

Unter der Dusche heute morgen fragte ich mich – noch halb schlaftrunken – woher das Wort höst eigentlich kommt, also ob es von einem anderen Wort abgeleitet ist. Das einzige, das mir spontan einfiel war das “Heu”, schwedisch . Die Verbindung Heu, Ernte, Herbst ist zwar nicht ganz abwegig, aber überzeugte mich nicht wirklich.

Ein Blick in die SAOL verrät, dass es ein Verb hösta (auch inhösta) gibt, das so viel wie “einbringen”, “einkassieren” bedeutet. Inhösta beröm ist zum Beispiel die richtige Art, auf Schwedisch “Lob einzustreichen”.

Dass der Herbst die Zeit des Einbringens ist, ist wiederum eine naheliegende Erklärung, trotzdem würde ich es gerne in einem schwedischen Herkunftswörterbuch nachschlagen. Weiß zufällig jemand, was da hierzulande das Standardwerk ist?

P.S.: Hier noch ein Ausriss aus meinem fast zwanzig Jahre alten Herkunftsduden zum Thema “Herbst”.

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