Schweden hat ja immer noch den Ruf halb-kommunistisch zu sein. Das stimmt in gewissen Bereichen auch (Konsenskultur, schwedisches Modell am Arbeitsmarkt), in anderen stellt man dagegen selbst Aushängeschilder des Kapitalismus wie die USA in den Schatten. Ein schönes Beispiel sind Wohnungskredite. In kaum einem anderen Land sind die Menschen so risikofreudig und nehmen ihre Kredite auf Haus und Wohnung mit so kurzen Laufzeiten wie hier. Ein Großteil der Kredite passt die Zinsen alle drei Monate an die aktuellen Marktzinsen an.
Das hat im letzten Jahr zur Folge gehabt, dass die schwedische Zentralbank durch ihre massive Senkung der Leitzinsen (auf 0,25 Prozent) für viel mehr Geld in den Taschen der Menschen sorgte. Die Zinsen beim Kunden liegen zwei bis drei Prozent unter dem, was man in den meisten europäischen Ländern bekommt – ein riesiger Unterschied. Der schwedische Schnitt liegt zur Zeit bei 1,6 Prozent. Mit etwas Verhandlungsspielraum kommt man unter 1,3 Prozent. In ein praktisches Beispiel übersetzt bedeutet das, dass es einen in Schweden nur 1000 Kronen pro Monat kostet, sich eine Million zu leihen.
Das hat dazu geführt, dass die Krise am Wohnungsmarkt, die viele Länder erleben, in Schweden sehr schnell vorüber ging. Die niedrigen Zinsen verleiten viele Schweden zum Kaufen, durchaus mit dem Bewusstsein, dass die Zinsen nächsten Herbst wahrscheinlich schnell wieder ansteigen werden. Die vielen Käufer in Kombination mit Steuersenkungen und weniger neu gebauten Wohnungen sorgen für höhere Preise. In Schweden hat der Wohnungsmarkt in diesem Jahr um fünf Prozent zugelegt, nur in Norwegen sind die Preise mehr gestiegen. In vielen Ländern Europas sind sie um fünf bis zehn Prozent gefallen.
Ob das alles gut für Schweden ist, liegt im Auge des Betrachters. Schweden hat sich durch seine eigene Zinspolitik und die Abwertung der Währung einen Vorteil gegenüber dem restlichen Europa verschafft – zulasten der anderen EU-Länder. Das hat auch für Kritik gesorgt mit dem Hinweis, dass die Euro-Zone einem solchen Konkurrenzkampf bewusst entgegenwirkt und stattdessen für Stabilität sorgt. Außerdem kommen schon jetzt die ersten Warnungen, dass der schwedische Wohnungsmarkt auf dem Weg in eine neue Blase sein könnte.
Die Zukunft wird es zeigen. Derweil nutzen wir die niedrigen Zinsen aus, indem wir mehr vom Kredit zurückzahlen, so dass uns höhere Zinsen dann weniger ausmachen werden.