Radgedanken

Es ist morgen. Die Sonne ist schon aufgegangen, als ich zur Arbeit radele. Tage werden auch dieses Jahr wieder länger. Tiefblauer Himmel. Kalt heute, um minus fünfzehn. Warum habe ich eigentlich nie lange Unterhosen an? Eitelkeit kann es nicht sein, denn erstens würde es nicht auffallen und zweitens wird in Schweden eher derjenige belächelt, der sich einbildet, er müsse sich aus irgendwelchen Gründen unzureichend gegen Kälte schützen. Es hat geschneit die letzten Tage und alles sieht sauber aus. Die Fahrradwege sind geräumt und mit Splitt gestreut – besser als letztes Jahr, finde ich. Alle Bäume und Sträucher sind von der Nacht noch dick mit Eiskristallen überzogen und es gleißt, wohin man auch schaut. Die Sonne wird bis zum Mittag dafür sorgen, dass dieser Reif sublimiert oder in Wölkchen abfällt. Ich muss das einmal mehr fotografieren. Soll ich anhalten, das Rad abstellen und die Kamera auspacken, die immer im Rucksack dabei ist? Nein. Zu kalt. Zu wenig an. Außerdem das Makroobjektiv nicht dabei. Es kommen mehr Morgen wie dieser. Ich komme an. Zwei aufdringliche Studenten halten mir von beiden Seiten eine Zeitung in den Weg. Lästig. Ich sage “Nej, tack!” und frage mich im Weitergehen, ob ich schon so verschwedet bin, dass ich mich bedanke, belästigt worden zu sein.

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