Ich hoffe, ihr habt die Feiertage gut überstanden und seid gut ins neue Jahr gekommen. Hier ist es weiterhin dauerhaft kalt (um -10 Grad tagsüber) und die Eissaison ist eröffnet – ich war schon drei Mal auf dem See vor unserer Tür und habe meine Schlittschuhe ein paar Kilometer bewegt. Ein tolles Naturerlebnis, das einen die Nähe der Stadt vergessen lässt, vor allem in der Winterlandschaft, die Stockholm gerade bietet:
Zwei Dinge zur schwedischen Sprache will ich erwähnen, passend zur Jahreszeit. Zum einen ist da die Art, wie man die Grüße zu Weihnachten und Neujahr ausdrückt. Man sagt “Frohe Weihnachten” und “Frohes Neues” nämlich schon jeweils vor dem jeweiligen Feiertag, danach sagt man God fortsättning (Frohe Fortsetzung). Gott nytt år, wörtlich “frohes neues Jahr, ist also oft mit “Guten Rutsch” zu übersetzen. Die Übergänge sind jedoch fließend und es gibt sicherlich regionale Unterschiede.
Zum anderen ist da die Liste mit neuen Worten, die der schwedische Sprachrat jedes Jahr herausgibt und die Wörter enthält, die im vergangenen Jahr eine gewisse Akzeptanz im Schwedischen erfahren haben. Ein paar Beispiele:
- Hemester und Svemester und Frimester sind alle von Semester (Urlaub, Ferien) abgeleitet. Die ersten beiden folgen aus der Wirtschaftskrise und der schwachen Krone, die Ferien daheim (hemma) oder zumindest in Schweden (Sverige) letztes Jahr beliebter gemacht haben. Frimester ist Urlaub, in dem man wirklich frei (fri) ist, also nicht per Email oder Handy für die Arbeit erreichbar.
- Prokotta ist das Gegenteil von bojkotta, also eine Firma oder Produkt durch bewusste Kaufentscheidungen zu unterstützen, zum Beispiel aus Umweltgesichtspunkten.
- Das Verb chippa gibt es zwar schon (im Zusammenhang mit Fußball und Golf), es hat jedoch eine neue Bedeutung hinzu bekommen. Und zwar, dass die neueren Apparate zum Bezahlen mit Karte nicht mehr den Magnetstreifen lesen, sondern den Chip auf der Karte. Mann muss sie also einstecken, chippa, anstatt durchziehen.
- Slidkrans (wörtlich “Scheidenkranz”) ist ein Wort, das aktiv vom RFSU (Zentralverband für Sexualaufklärung) lanciert wurde, um mit dem veralteten Begriff Mödomshinna (“Jungfernhäutchen”) und den damit verbundenen Mythen aufzuräumen. Nun ist das zwar kein Wort, das man alltäglich zu hören bekommt. Die Chancen, dass es sich durchsetzt, stehen wohl trotzdem nicht schlecht – es wurde zumindest in den Medien aufgegriffen und diskutiert.
- Twittra, tvittra und kvittra bezeichnen die Nutzung des Microblog-Dienstes Twitter, wobei kvittra die wirkliche Übersetzung von zwitschern ist. Das klingt auch für Schweden putzig und wird deshalb gern verwendet.
- *Stjärnfamilj* ist ein weiteres tolles Wort. *Stjärna* bedeutet “Stern, Star”, doch eine “Sternfamilie” hat nichts mit Prominenten zu tun, sondern bezeichnet den positiven Gegenentwurf zur “Kernfamilie” (*Kärnfamilj*) mit Vater, Mutter, Kind. Heutzutage werden durchmischte Lebensgemeinschaften eben genauso positiv gesehen. Der besondere Witz ist, dass *Stjärnfamilj* und *Kärnfamilj* fast identisch klingen. Nur der Ch-Laut am Anfang ist anders (wie in “Tuch” bzw. “Küche”). Ich erfreue mich immer wieder daran, wie spielerisch und augenzwinkernd Schweden mit ihrer Sprache umgehen.