Sture Linnér und Sverker Åström geben heute nachmittag die diesjährige Vorlesung zu Ehren von Dag Hammarskjöld, der aus Uppsala kam, unter anderem zweiter Generalsekretär der UNO war und den Friedensnobelpreis kurz nach seinem Tod erhielt (das ging damals noch).
Åström und Linnér sind beide über 90 Jahre alt und gehören zu den wichtigen alten Herren der schwedischen Außenpolitik. Linnér war unter anderem enger Mitarbeiter Hammarskjölds und saß im gleichen Flugzeug wie dieser auf dem Weg nach Rhodesien, bis Hammarskjöld ihn von Bord schickte, weil es ein Fehler sei, zusammen zu reisen. Der Flieger stürzte kurz vor der Landung ab und Hammarskjöld kam um.
Sverker Åström ist neben seinen zahlreichen diplomatischen Aktivitäten und Auszeichnungen auch präsent in öffentlichen Debatten, nicht zuletzt als Leitartikler für Dagens Nyheter. Außerdem ist er offen homosexuell und wegen seines hohen Alters und Status ein Aushängeschild der Bewegung. Er moderierte letztes Jahr sogar kurze Zeit die Fernsehsendung Böglobbyn (“Schwulenlobby”). Mehr Info zu den Vortragenden auch hier und hier.
Ich weiß noch nicht, ob ich selbst um 5 Uhr in die Aula des Unihauptgebäudes gehe oder stattdessen der Liveübertragung übers Netz vertrauen soll.
Nachtrag: Ich war doch selbst da und habe ein paar Fotos gemacht. Die Reden waren sehr interessant. Åström begann mit einem Schwerz, in dem er nebenbei seinen 22-jährigen Partner erwähnte, hielt dann eine brennende Anklage gegen den Angriff der USA auf den Irak 2003 und legte dar, wie Dag Hammarskjöld das Vorgehen verurteilt hätte. Er lobte den damaligen Generalsekretär Kofi Annan, der übrigens 2001 auch schon diese Gedächtnisvorlesung gehalten hat, dafür, meist in Hammarskjölds Sinn gehandelt zu haben.
Linnér erzählte von der Kongo-Krise, die ihn und Hammarskjöld die Monate vor dessen Tod beschäftigte und die leicht zu einem überregionalen Konflikt hätte werden können. Die damaligen Anfeindungen sowohl von sowjetischer als auch amerikanischer Seite fanden ebenso Erwähnung wie die letzte Diskussion vor dem Unglücksflug und das Argument, mit dem Hammarskjöld Linnér dann wieder aus dem Flugzeug aussteigen ließ. Später lud Kennedy Linnér zu sich ein, entschuldigte sich für den Druck von seiner Seite und nannte Hammarskjöld einen “größeren Mann als ich es bin”.
Beide Redner waren an den Stellen, an denen es um die Person Hammarskjöld ging, zu Tränen gerührt und für die zahlreichen Zuhörer bestätigte sich einmal mehr, dass Dag Hammarskjöld einer der Schweden des 20. Jahrhunderts war und dass man zu Recht auf ihn stolz ist.
Sverker Åström und Sture Linnér – man beachte die Socken.
Nachtrag 071022: mehr Bilder hier.