Es dauerte nicht lange, bis das neue Blog des schwedischen Außenministers Carl Bildt in Schweden bekannt wurde. Er legt ein hohes Tempo vor: In der ersten Woche hat er 34 Beiträge geschrieben und die 35.000 Besucher haben bereits über 200 Kommentare hinterlassen, viele davon im Stil von “Hallo Carl. Toll, dass du jetzt auf Schwedisch bloggst und uns an deinem Alltag teilhaben lässt. Weiter so!”.
Er liest wohl auch die Kommentare und antwortet gelegentlich darauf. Es ist beeindruckend, wie er die Zeit dafür findet, denn bloggen nimmt mehr Zeit in Anspruch, als man denkt. Ich gehe natürlich davon aus, dass er in der Tat alles selbst schreibt und für alles Weitere setze ich voraus, dass die Beiträge auch tatsächlich seiner eigenen Meinung entsprechen und nicht aus reiner Berechnung entstammen. Bisher gibt es zumindest keinen Grund, daran zu zweifeln.
Diese Art von direktem Kontakt mit dem Volk wird angeblich nicht nur positiv gesehen. Stimmen aus dem Außenministerium befürchten (S, halbseriöse Quelle), dass er sich mit spontanen Äußerungen oder Antworten auf Kommentare einmal in den Sand setzen könnte, zum Beispiel, wenn er sich nach ein paar Bier an den Rechner setzt.
Er benutzt das Blog in einigen Beiträgen als Gegengewicht zur Berichterstattung der Medien. Wenn er nach einer Pressekonferenz von Reportern nicht zu den Themen, die auf der Tagesordnung standen, befragt wird, sondern zum X-ten Mal zu seinen privaten Finanzen, dann bringt er Auszüge aus seiner Rede noch einmal im Blog. In einem Beitrag bestätigt er eigene Fehler (S) bei der Deklaration von Aktienoptionen, die ein Fernsehbericht aufgedeckt hatte. Damit umgeht er die etablierten Medien und zwingt sie gleichzeitig, sich auf sein Blog zu berufen.
Ich kann mir also gut vorstellen, dass klassische Journalisten nicht glücklich über das Blog sind, vor allem wenn es weiter an Popularität gewinnen sollte. Es bedeutet eine Verringerung ihrer Macht als Filter zwischen Politik und Bürgern. Das ist gut, wenn man von sensationslüsternen Medien ausgeht, die schwierigere Sachfragen nur am Rande behandeln. Andererseits sähe ich eine gewisse Gefahr darin, wenn Leute nur noch direkt auf eine charismatische Führerpersönlichkeit hören würden und die wichtige kritische Berichterstattung zur “Macht” unterwandert würde. Dazu passt, dass er sich abfällig über die Medienberichte zum – zugegebenermaßen lächerlichen – “Skandal” äußert (S), dass Politiker die regierungseigenen Flugzeuge für Dienstreisen benutzen.
Ansonsten schreibt Bildt in seinem Blog auch nüchtern darüber, welche Themen er wo und wann in der laufenden Woche bereden wird und erzählt auch einmal Anekdoten wie die, dass er vor genau 13 Jahren als schwedischer Premierminister mit Bill Clinton die weltweit erste Email zwischen Staatschefs ausgetauscht hat. Das wurde natürlich vorab per Telefon arrangiert.
Wegen des guten Starts hat sich Carl Bildt entschlossen, das Blog weiterzuführen und ich werde ihn weiterhin aufmerksam verfolgen und hier darüber schreiben. Alle bisherigen und zukünftigen Artikel dazu sind über das Schlagwort BildtBlog auffindbar.