Das sinkende Piratenschiff

Das Aushängeschild der Befürworter des privaten Tauschs von Dateien jeglicher Art über das Internet war in den letzten Jahen die schwedische Seite The Pirate Bay. Damit waren sie und die Leute dahinter erklärte Feinde und Dorn im Auge der Musik- und Filmindustrie. Weil die Piratenbucht keine Daten selbst bereithält, sondern lediglich als Vermittler und Suchdienst für die Dateien fungiert, die andere anbieten, sah und sieht man sich als rechtlich unangreifbar. Das Argument, dass wenn die Pirate Bay illegal ist, dies auch für Google gilt, ist nicht von der Hand zu weisen, denn auch damit lassen sich so genannte Torrent-Dateien finden, die die nötigen Informationen zum Auffinden der Tauschpartner enthalten.

Nichtsdestotrotz sind im Frühjar vier Leute, die mit der Pirate Bay zu tun haben, wegen “Beihilfe zum Urheberrechtsbruch” zu hohen Geldstrafen verurteilt worden. Zwischenzeitlich gab es einige Zweifel an der Unbefangenheit des Richters und die Berufungsverhandlung ist auf November diesen Jahres angesetzt.

In den letzten Wochen gab es zweierlei Weiterentwicklungen der Geschichte. Zum einen wurde angeküdigt, dass die Pirate Bay verkauft werden soll. Die schwedische Firma Global Gaming Factory (GGF) wollte Investoren gefunden haben und die Seite für 60 Millionen Kronen übernehmen, um sie “legal zu machen”. Das implizierte zwar immer fälschlicherweise, dass die Pirate Bay im jetzigen Zustand illegal ist, aber geschenkt. Man wollte ein Modell ausarbeiten, mit dem die Rechteinhaber kompensiert werden sollten. Nach einigem hin und her mit abspringenden Investoren kam heute die Meldung, dass GGF Insolvenz angemeldet hat. Damit dürfte der Kauf geplatzt sein.

Doch selbst wenn er vonstatten gegangen wäre, wäre zu Recht zu rätseln gewesen, was da eigentlich zu verkaufen wäre. Der Domainname thepiratebay.org, sicherlich. Auch die Software, mit der die Seite läuft und die Datenbank mit dem Index an Torrent-Dateien – beides ist jedoch mittlerweile auch per Torrent öffentlich herunterzuladen. Die Vermittlungssoftware, der Tracker, ist ohnehin freie Software und jedermann kann einen solchen betreiben. Genau das ist auch schon passiert: Alle Torrents der Pirate Bay haben mittlerweile einen alternativen Tracker, so dass sie weiterhin funktionieren werden, wenn die Pirate Bay in ihrer jetzigen Form verschwindet. Betreiber dieses OpenBittorrent sind die gleichen Leute wie hinter der Pirate Bay.

Man versucht also, eine Rochade zu machen. Das Feuer auf das Aushängeschild Pirate Bay, die diese streitbare Rolle lange Jahre gern übernommen hat, wäre mit dem Verkauf ins Leere gelaufen, während der ganze Dateitausch ungehindert auf den alternativen Bühnen weitergeht. Damit hat man gleichzeitig der einzigen Schwachstelle des Torrent-Systems engegengewirkt: Durch die Notwendigkeit des Trackers gibt es immer noch eine Zentrale als Angriffsstelle und die dominierende Stellung der Pirate Bay war ungesund.

Unabhängig davon, dass der Verkauf jetzt nicht wie geplant stattfinden wird, wird es die Piratenbucht deshalb wohl nicht mehr allzu lange in ihrer heutigen Form geben. Stattdessen werden zig Kopien aus dem Boden sprießen und übernehmen. Und das ist gut so. Das Schiff der Pirate Bay hat sich lange in stürmischen Gewässern gehalten – lange genug.

Die zweite Geschichte in diesem Zusammenhang ist, dass einer der ISP der Pirate Bay von der Musikindustrie die Androhung einer Klage mit hoher Geldforderung bekam, wenn er weiterhin die Internetverbindung der Pirate Bay bereitstelle. Daraufhin kappte Black Internet die Verbindung. Die Pirate Bay war zwar mit einem anderen Provider schon wieder online, bevor die Nachricht in den Medien ankam, trotzdem ist die Sache so falsch, dass man sich die Haare raufen könnte. ISP für die Inhalte des Internetverkehrs seiner Kunden verantwortlich machen zu wollen, ist in etwa, als wolle man die Post belangen, weil jemand mit ihr illegale Papiere verschickt hat. Oder eine Gemeinde, weil auf ihren Straßen ein Einbrecher zum Haus seines Opfers gelangte. Black Internet hat dies jetzt auch eingesehen und das Nachgeben bereut. Eine Unterstützerseite ist eingerichtet. Ein mögliches zukünftiges Urteil in dieser Sache dürfte weitreichende Konsequenzen für das Internet haben.

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