Sonntagmorgen, am Frühstückstisch. Vor dem Fenster strahlend blauer Himmel, die Bäume verraten Windstille. Ich wollte ja schon lange den neu eröffneten Kajak-Verleih am Nordende des Brunnsviken ausprobieren, fünfhundert Meter von meiner Haustür. Gedacht, getan. Eine Stunde später sitze ich im Boot; Schirmmütze, langärmeliges T-Shirt und Faktor vierzig gegen die Sonne. Auf schnellstem Weg zum Ausgang der Bucht, den Brunnsviken kenne ich schließlich vom Laufen und Schlittschuhfahren wie meine Westentasche – neue Gewässer stehen an.
Ich halte mich am Westufer des Värtan, die ersten Kilometer sind das Wald und Klippen, besetzt von Sonnenden und Badenden. Die Saison fängt heuer früh an, sonst ist das Wasser bis Mittsommer eher frisch. FKK scheint auch wieder im Kommen zu sein und ich halte meine Kamera in die andere Richtung. Dann, etwa bei der Brücke zu Lidingö, fängt er an, der Freihafen mit Industriegebiet, und die Landschaft verändert ihren Charakter vollständig. Auf dem offenen Wasser merkt man die Wellen der größeren Boote, die an einem vorbeibrausen, und ich bekomme Übung im schnell wenden, um sie nicht von der Seite abzubekommen. Ob einen die riesige Fähre sehen würde, wenn sie jetzt gerade ablegte als ich vorbeikomme? Die Frage bleibt Spekulation und ich mache Fahrt, um den Hafen hinter mir zu lassen. Eine kurze Pause an Land und ein paar Kilometer später erreiche ich den Djurgården.
Der schmale Kanal, der die Insel mit dem Skansen und allerlei Sehenswürdigkeiten vom Festland trennt, ist voller Boote und flankiert von hunderten Spaziergängern. Ich paddle gemütlich gen Zentrum, stelle aber bald fest, dass mir die Zeit davonläuft. Die Fotos der Innenstadt vom Wasser aus werden auf ein andermal warten müssen; als ich das Nordische Museum vor mir sehe, kehre ich um. Der kleine Umweg, auf dem Rückweg an Lidingö entlang zu paddeln anstatt auf der Hafenseite, lohnt sich, doch mittlerweile klagen Rücken, Schultern und Arme über die ungewohnte Aktivität. Lagom erschöpft komme ich zurück in die Heimatbucht, deren Strände und Klippen jetzt voller Menschen sind. Nach der Rückgabe des Kajaks esse ich das erste Eis des Sommers, wohlverdient nach siebenundzwanzig Kilometern. Der erwartete Muskelkater wird jedoch ausbleiben.