Wie erst dieser Tage hier beschrieben, ist Schweden wichtig für Wikileaks Infrastruktur und juristische Absicherung. Zwischenzeitlich war Julian Assange in Schweden zu Besuch, hat so gut wie allen großen Zeitungen Interviews gegeben, auf deren Webseiten mit Lesern gechattet, seine Kolumne im Aftonbladet angekündigt, die Herausgeber-Bescheinigung beantragt, die man für den Grundgesetzlichen Quellenschutz braucht, und mit der Piratenpartei einen Vertrag geschlossen, dass diese die hiesigen Server von Wikileaks fortan kostenlos betreibt. Kurz gesagt war über Assange und Wikileaks letzte Woche fast täglich etwas zu lesen, wobei auch Kritik aufgegriffen wurde, jedoch meist ein positives Bild von Person und Organisation herüberkam.
Heute kam dann die überraschende Meldung, die wie ein Lauffeuer um die Welt ging, dass Assange hier in Stockholm letzte Woche zwei Frauen vergewaltigt haben soll, und dass deshalb die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben hat und Haftbefehl erlassen wurde. Die Spekulationen, dass das ein abgekartetes Spiel der amerikanischen Geheimdienste sei – schließlich hat Wikileaks selbst einen derer Berichte mit Plänen gegen sie zugespielt bekommen und veröffentlicht und es gab Berichte von US-Druck auf die europäischen Verbündeten, Assange anklagen zu lassen – ließen natürlich nicht auf sich warten.
Assange dementiere prompt die Vorwürfe und kündigte an, sich noch heute der schwedischen Polizei stellen zu wollen. Nach den letzten Meldungen braucht er dies jedoch nicht mehr zu tun, denn der Haftbefehl wurde schon wieder aufgehoben und die Vorwürfe für unbegründet erklärt. Die Staastsanwaltschaft schreibt auf ihrer Webseite, dass es keinen Grund für den Haftbefehl gäbe und keinen, Assange der Vergewaltigung zu verdächtigen.
Alles in allem eine recht seltsame Posse, auf deren Hintergründe hoffentlich bald noch etwas mehr Licht geworfen wird.