Der Wahlvorgang

Wahltag ist eine Art Feiertag für Schweden. Man sieht mehr Flaggen als am Nationalfeiertag und es sind viele Menschen in den Straßen, die mit der Wahlkarte in der Hand auf dem Weg zur Stimmabgabe sind. Ein schönes Zeichen gelebter Demokratie.

Ich war gerade wählen. Drei Wahlen finden heute gleichzeitig statt, wobei die fürs Parlament (den riksdag) zweifelsohne die wichtigste ist, leider aber auch die, für die ich ohne schwedische Staatsbürgerschaft nicht wahlberechtigt bin. Die beiden anderen sind auf Kommunalniveau, einmal für die Kommune selbst, einmal für das landsting, eine weitere regionale Einrichtung, die u.a. für das Gesundheitswesen zuständig ist.

Man gibt seine Stimme für eine der Wahlen ab, indem man den Stimmzettel der Partei, für die man stimmen möchte, in ein Kuvert steckt, das dann bei der Aufsicht gegen Kontrolle der Personalien und Wahllisten in die Urne geworfen wird. Die Stimmzettel sind im A6-Format und je nach Teilwahl farbkodiert. Die Kuverts haben eine kleine Aussparung, damit sie in die richtige Urne sortiert werden können. Die Stimmzettel aller Parteien liegen im Wahllokal aus und vor dem Eingang stehen zusätzlich Vertreter der Parteien und händigen diese aus. Es ist üblich, mehrere zu nehmen, schließlich ist es eine geheime Wahl, und dann hinter einem Sichtschutz die Kuverts zu befüllen. Desweiteren gibt es Stimmzettel, auf denen nur die Partei steht, und solche, auf die außerdem eine Namensliste gedruckt ist. Dort kann man eine Person besonders hervorheben, wenn man möchte (Beispiel).

Obwohl es leere Wahlzettel gibt, auf die man seine Partei schreiben kann, wenn es von dieser keine Stimmzettel gibt, ist es für neue und kleine Parteien besonders wichtig und ein logistisches Problem, die Wahlzettel in die Wahllokale zu bekommen und diese zu bemannen. Laut eigener Aussage ist dies der Piratenpartei, die sich für Schutz der Privatsphäre, die Abschaffung von Patenten und eine Reform des Urheberrechts einsetzt, fast vollständig geglückt – vor meinem Wahllokal stand zumindest ein Piratpartist (nein, nicht verkleidet). Ganz persönlich bin ich ja schon gespannt, wie sie abschneidet.

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Wahltag!

Heute ist Wahl in Schweden, sowohl auf Kommunal- als auch auf Parlamentsebene. Die letzten Umfragen sehen die vier Oppositionsparteien in der Allianz für Schweden vorne. Ich werde heute abend über die ersten Hochrechnungen schreiben und bis dahin kann man den passenden Artikel der aktuellen ZEIT lesen, oder in dem stöbern, was ich bisher zur Wahl zu sagen hatte.

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Wort der Woche: Nämenvafan

Eine kleine Warnung gleich zu Beginn: Es geht heute um Schimpfworte. Wer Ausdrücke, die man normalerweise eher selten geschrieben sieht, lieber nicht zu Gesicht bekommt, kann ja jetzt einfach aufhören zu lesen.

Wie also fluchen Schweden?

Ohne das wirklich sprachwissenschaftlich belegen zu können, behaupte ich, dass schwedische Flüche weniger fäkal sind als Deutsche (Scheiße) und dafür häufiger den Teufel ins Spiel bringen. Djävul nennt sich dieser auf Schwedisch, oft aber auch djävel oder jävel. Als einzelner Ausruf, ist Jävlar! in häufigem Gebrauch und kann auch adjektivisch verwendet werden, dann auch einmal mit Scheiße: Jävla skit! würde man am besten mit Verdammte Scheiße! übersetzen. Abgeschwächte Formen, also wenn man eigentlich jävla sagen möchte, aber sich nicht wirklich traut, sind jadra, jäkla oder sogar järnspik (Eisennagel), dem der deutsche Scheibenkleister nahe kommt.

Der Gehörnte hat einen weiteren gebräuchlichen Namen, der aber nur als Substantiv durchgeht: Fan. Das spricht sich mit herrlich langem a und ist in der Verwendung etwas stärker als jävel. Häufige Ausdrücke sind Fan också! (Verdammt nochmal!) und Vad fan!? (Was zum Teufel!?). Letzteres lässt sich noch weiter ausschmücken zu Nein, aber was zum Teufel!? (Nej, men vad fan!?), was sich wiederum verkürzen lässt zu nämenvafan, dem heutigen Wort der Woche.

Fasen ist ein weiterer Spitzname des Teufels und auch Satan! hört man manchmal. Alleine anhand der Namensvielfalt sieht man, welche dominante Rolle der Teufel in schwedischen Flüchen einnimmt. Zu Pfui Teufel! gibt es die direkte und häufig gebrauchte Entsprechung Fy Fan! und wo der Teufel ist, ist die Hölle nicht weit: helvete bzw. för i helvete! gehören ebenso zu den beliebteren Flüchen.

Ich denke nicht, dass man in Schweden generell mehr flucht als anderswo und es ist hier natürlich ebenso roh, wie in Deutschland. Deswegen gibt es neben järnspik noch andere Ersatzflüche, die schwächer sind als die Originale. Tusan! zum Beispiel kommt von tusen jävlar (tausend Teufel) und vielleicht ist verflixt ist ein passendes deutsches Äquivalent dafür. Dann gibt es noch attans, sablar (Säbel, angeblich aber eine Vermischung von satan und jävlar) und (fy) sjuttion, was schlicht die Zahl Siebzehn ist und deshalb kein sehr hartes Schimpfwort. Am anderen Ende der Skala findet sich natürlich auch die Klasse Wörter, die als Schimpfwort so stark sind, dass man sie am besten vermeidet: Fitta zum Beispiel, das sich durchaus korrekt mit Fotze übersetzen ließe, wenn man das denn wollte.

Es gibt sicherlich noch zahlreiche weitere Varianten, auch regionale, an Schimpfwörtern und Flüchen, doch ich glaube, dass die geläufigsten schwedischen Schimpfworte damit abgedeckt sind. Wem noch etwas einfällt, der kann es ja in die Kommentare schreiben.

Alle bisherigen Worte der Woche.

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Ostsee-Dorsch wird boykottiert

Wer hätte es gedacht. Die Gefährdung des Dorsches in der Ostsee führt zwar nur zu geringen politischen Konsequenzen, aber immerhin nehmen einige Handelsketten ihn freiwillig aus dem Angebot. Der schwedische Platzhirsch ICA ist leider (noch?) nicht dabei.

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Moln

Wolken über der
Ostseeküste

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Veraltete Wahlauszählung

Obwohl die Wahllokale am Sonntag nach Schließung ihre vollständigen Auszählungen zur Wahlbehörde melden werden, kann das amtliche Endergebnis bis Mittwoch auf sich warten lassen. Der Grund dafür ist, dass das zentrale Auszählungssystem nur die Parteien sofort analysieren kann, die jetzt schon im Parlament vertreten sind, und somit die kleinen Parteien vorerst ignoriert werden.

Mir fällt kein technischer Grund für diese Einschränkung ein. Sollten Behörden etwa auch im hochtechnisierten Schweden mit veralteten Werkzeugen arbeiten?

Nachtrag: Wie die Platzvergabe genau abläuft kann man bei The Local (E) nachlesen. Kurz gesagt: Es ist ein Verhältniswahlrecht mit nur einer Stimme, die primär die Partei bestimmt und auch Präferenzen für einzelne Kanditaten zulässt, aber keine Überhangmandate wie in Deutschland. Es gibt eine 4%-Sperre; eine Partei kann dennoch ins Parlament einziehen, wenn sie lokal viele Stimmen bekommt, aber schwedenweit darunter bleibt.

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Kurz vor der Wahl

Ein paar kurze Punkte zur schwedischen Parlamentswahl am Sonntag:

  • Das TV-Duell der Parteichefs von Sozialdemokraten und Moderaten hatte keinen klaren Gewinner (E) und die Umfragen sehen weiterhin keinen der beiden Blöcke abgeschlagen. Der Ausgang ist also offen.
  • Der Skandal um den Einbruch der liberalen Folkpartiet im Computernetz der Sozialdemokraten wird mit immer neuen Details am Leben gehalten. Die Liberalen wollten die Schuld auf einen Journalisten abschieben, der diese aber der Lüge bezichtigt. Ausserdem wussten die Sozialdemokraten möglicherweise schon langer davon, haben es aber erst jetzt zum richtigen Zeitpunkt an die große Glocke gehängt. Großes Kino.
  • Überraschenderweise kommt auch das Thema Piratebay wieder auf die Tagesordnung. Nach der Beschlagnahmung der Server Ende Mai wurde vom Innenministerium bestritten, dass Druck aus den USA ein entscheidender Faktor war, und es wurde versichert, dass alles zu diesem Thema offengelegt wird – schließlich gibt es das Öffentlichkeitzprinzip. Das ist nicht passiert und Innenminister Bodström kommt unter Druck. Gleichzeitig zeigt er sich bereit, das vor einem Jahr verabschiedete Verbot des Dateitauschens wieder abzuschwächen (S).
  • Die [Piratenpartei](http://www.piratpartiet.se) (S) steht laut Umfragen bei einem, wie ich finde beachtlichen, Prozentpunkt, erwartet nach eigenen Angaben aber, die 4%-Sperre zu überschreiten und in den *Riksdag* einzuziehen. Sie begründen das damit, dass viele junge Menschen, die keinen Festnetzanschluss mehr haben, [von den Umfragen ausgelassen werden](http://www.dn.se/DNet/jsp/polopoly.jsp?d=2390&a=571935&previousRenderType=6) (S, siehe auch [hier](http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,,OID5900910_REF1,00.html) zu diesem generellen Problem). Nebenbei: Der [deutsche Spross der Piratenpartei](http://piratenpartei.de/) ist geboren.

    [Alle Artikel zur schwedischen Wahl am 17. September](http://www.fiket.de/tag/wahl2006).
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Die Rübe

Ich hatte zwar noch keine Zeit, die erste Ausgabe zu lesen, aber ein Onlinemagazin von Nichtschweden, die in Schweden leben und auf englisch schreiben, klingt interessant: The Turnip.

Übrigens: Ich bin gerade unterwegs und schreibe deshalb eher wenig hier. Ab nächster Woche wird es wieder mehr. :-)

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Unsauberer Wahlkampf

Der SR schreibt:

Wahlkampf in Schweden galt lange als relativ saubere Angelegenheit. Selbstzufrieden schüttelte man hier den Kopf, wenn wieder einmal von politischen Schlammschlachten in anderen Ländern zu hören war. Doch vor den Wahlen am 17. September ist das anders. Längst hat auch Schweden seine Skandale – der jüngste, nämlich umfassende Spitzelei gegen die regierenden Sozialdemokraten, wurde jetzt aufgedeckt.

Weiterlesen beim SR.

Nachtrag: Das Thema ist mittlerweise richtig groß geworden und hält sich in den schwedischen Medien. Es werden empörte Reden gehalten und es gab den ersten Rücktritt. Auch Tagesschau und Spiegel schreiben darüber, ich habe aber gerade keine Zeit, das alles zusammenzufassen. Der SR hat aber einen weiteren Artikel auf Deutsch.

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Schwedisches Fast Food: Max

![Max Logo](/pic/logo_max.gif)

Vorweg und damit mich keiner missversteht: Schnelles Essen ist eigentlich ein Unding und alles Negative, das man über McDonald’s und ähnliche Schnellgaststätten hört und liest, ist wohl eher wahr als falsch. Hin und wieder zieht es mich aber doch dorthin und dank des vielen Zuckers, Fettes und anderer glücklichmachender Stoffe genieße ich es dann sogar.

In Schweden gibt es zusätzlich zu den internationalen Platzhirschen auch eine einheimische Alternative: Max. Gerade hat am Marktplatz von Uppsala eine neue Filiale eröffnet. Das Essen dort wird auch von Hamburgern und Pommes dominiert, aber es gibt ein paar kleine Unterschiede:

  • Für Getränke bekommt man nur den Becher ausgehändigt, den man dann selbst am Automaten mit dem befüllt, was man möchte – mit oder ohne Eis. Ein Nachschank ist meines Wissens nicht inbegriffen, wird aber wohl stillschweigend toleriert.
  • Es gibt eine Kaffeestation, bei der man sich kostenlos bedienen kann – eine Reverenz an die schwedische Kaffeekultur.
  • Es gibt permanent mehr Beilagen zur Auswahl: Pommes, Möhrchen, Zwiebelringe, Kartoffelgratin …
  • Das ist sicher subjektiv, aber ich finde, das Essen ist besser. Das Brot ist weniger labberig. Die verschiedenen Teile eines Burgers sind geschmacklich unterscheidbar. Paradox veranlagte Menschen, die auf “gesundes Essen” wert legen, aber trotzdem in ein Schnellrestaurant gehen, finden fettarme und ballaststoffreiche Produkte, die mit dem recht bekannten [*Schlüsselloch*](http://www.slv.se/templates/SLV_Page____11290.aspx) (S) markiert sind.

    Max macht nur ein knappes Drittel des Umsatzes von McDonald’s, aber während letzterer erstmals Restaurants schließt und ansonsten stagniert, kann Max [20% Wachstum](http://www.thelocal.se/article.php?ID=4713&date=20060828) (E) aufweisen.
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