Es ist wohl die erste überraschende Nachricht seit der Wahl. Und überraschend nur noch deshalb, weil es so lange gedauert hat: Mona Sahlin, Parteichefin der schwedischen Sozialdemokraten, die Verlierer der Wahl vom September, tritt zurück.
Gestern und heute kamen zwei für schwedische Netznutzer betrübliche Meldungen. Ein Mann wurde wegen Bruch des Urheberrechts verurteilt, weil er auf einen Video-Stream zu einem Hockey-Spiel bei Canal Plus gelinkt hat. Richtig gelesen, er hat nichts geschütztes weitergegeben oder verbreitet, sondern lediglich einen Link zu Canal Plus veröffentlicht, der in keiner Weise per Passwort oder ähnlichem geschützt war.
Die andere Nachricht betrifft die Vorratsdatenspeicherung. Wir erinnern uns, dass Schweden die umstrittene europäische Richtlinie bisher nicht in nationales Recht umgesetzt hat und sich dafür schon einen Rüffel aus Brüssel eingefangen hat. Jetzt da die Wahlen vorbei sind, ist es also an der Zeit, unpopulären Dinge durchzubringen und heute wurde der Gesetzesvorschlag vorgestellt. Dieser ignoriert – von der mangelnden Nützlichkeit einmal ganz zu schweigen – sowohl, dass die EU-Kommission unter der schwedischen Kommissarin für Inneres, Cecilia Malmström, die Richtlinie mittlerweile Kritisch sieht und auf den Prüfstand stellt, als auch die Empfehlung des Expertenausschusses, der empfiehlt, nur die Mindestanforderungen umzusetzen. Der Vorschlag von Justizministerin Ask geht nämlich über die Richtlinie hinaus und will zum Beispiel auch nicht zustandegekommene Telefonate und die Aufenthaltsorte von Teilnehmern speichern.
Zwei schwedische Humor-Serien wurden uns zuletzt ans Herz gelegt und nach ein paar gesehenen und für gut befundenen Abschnitten kann ich sie gern weiterempfehlen. Die erste nennt sich Starke man, was keiner Übersetzung bedarf. Darin geht es um die Lokalpolitik in der fiktiven Kommune Svinarp und deren inkompetenten “Bürgermeister”, der sich von einem Fehltritt zum nächsten hangelt. Der Humor basiert auf übertriebener Realsatire und balaciert geschickt zwischen Abscheu, Mitleid, Fremdschämen und Tragik. Zu sehen auf SVTPlay.
Die zweite ist schon wenig älter und heißt Grotesco. Dort spielt das gleichnamige Humor-Ensemble recht absurde Sketche, die einzelnen Abschnitte hängen also nicht zusammen. Die erste Folge von 2007 erzählt beispielsweise die dramatische Entwicklung als man in Stockholm bei Tunnelarbeiten ein Portal ins Göteborg der 70er entdeckt und endet damit, dass der Globen durch die Stadt walzt und auf den Sergels Torg kracht. Die neu begonnene zweite Saison gibt es auch auf SVTPlay, die acht Folgen der ersten unter anderem in der Piratenbucht.
Abgestoßen verfolge ich gerade die wieder einmal aufgeflammte Debatte um Einwanderer in Deutschland. Schon lange nicht mehr habe ich so viel Unsinn gelesen und es scheint, als ob man lediglich alle paar Jahre die gleichen Pseudoargumente durchkaut, ohne das Thema voran zu bringen.
Wenn Frau Merkel Dinge sagt wie
Wer sich nicht am christlichen Menschenbild orientiere, sei fehl am Platz, sagte sie unter großem Beifall.
dann bin ich in der Tat froh, nicht mehr in Deutschland zu leben, denn laut Kanzlerin wäre ich ja fehl am Platz, weil ich das Menschenbild des aufklärerischen Humanismus – dessen ehemals stolze Tradition in deutschen Landen schon länger geschändet wird – bevorzuge.
Haben CDU/CSU so viel Angst vor einer neuen Partei rechts von ihr, dass sie sich immer wieder ganz weit in diese Richtung lehnen müssen? Vielleicht hat der Spiegelfechter ja recht, dass das völlig normal ist.
Ganz bestimmt hat er Recht damit, dass die Prämissen der Debatte falsch sind. Deutschland ist mittlerweile Auswanderungsland und wenig attraktiv für Ausländer. Kein Wunder, denn willkommen sein ist eine Grundvoraussetzung, über deren Fehlen man in Deutschland eher selten spricht.
Macht Schweden es besser? Ich finde ja, allein schon die Zahlen belegen das: Als ich hierher kam gab es eine halbe Million weniger Meschen im Land als heute (knapp 6% Zuwachs in 8 Jahren), Deutschland hat im gleichen Zeitraum 600.000 Menschen verloren. Laut hiesigen Statistiken tragen Einwanderer einen signifikanten Teil zur positiven wirtschaftlichen Entwicklung bei und federn diverse Probleme der alternden Bevölkerung (Rentensystem etc.) ab. Und die meisten politischen Parteien sind vollen Herzens für Einwanderung und diskutieren, was man selbst tun kann, damit Integration noch besser gelingt, anstatt populistische Forderungen an Einwanderer zu stellen. Das mag zur Folge haben, dass die immer vorhandene ausländerfeindliche Minderheit eine eigene Partei ins Parlament bringt, doch das ist immer noch besser als dass die große regierende “Volkspartei” die entsprechenden Ansichten vertritt.
Heute Nacht war der erste richtige Nachtfrost in Stockholm, laut Zeitung auch im Rest des Landes. Das Herbstlaub wird Tag für Tag lichter und der erste Schnee kommt sicher bald.
Ts ts ts – da wollte ich mich gerade daran machen, ein “Wort der Woche” zu schreiben über Nerze, schwedisch mink, weil wieder einmal “Aktivisten” tausende dieser Tiere von einer Pelzfarm freigelassen und damit mehr Schaden als Nutzen angerichtet haben.
Doch was sagt mir mein Archiv: Es gibt diesen Artikel schon.