Die wahnsinnigen Schweden

Die Welt schreibt über die gestrige Sendung von Christiansen:

Geahnt haben wir es schon immer – schließlich hat Pipi Langstrumpf zwei verschiedenfarbige Socken an – dank Sabine Christiansen wissen wir es nun ganz genau: Die Schweden sind alle bekloppt. „Jedes dritte Kind in Schweden ist psychisch gestört", erzählte Soziologin Gabriele Kuby in der sonntäglichen Gesprächsrunde zum Thema „Ist die Familie noch zu retten?" mit ernstem Gesichtsausdruck. Schuld daran sei die flächendeckende Kinderbetreuung, das habe eine Studie ergeben. Da konnte selbst die (Ex)-Moderatorin Margarethe Schreinemakers nicht mehr an sich halten und prustete laut los.

Das Thema hatten wir zwar neulich schon, ich stoße aber seitdem immer wieder darauf.

Nachtrag, 27.02.07, 13:30: Obige Aussage hat es auch in die schwedischen Medien geschafft (S) und wird als falsch abgelehnt. Im Gegenteil würden Studien zeigen, dass sich Kinder, die im Kindergarten waren in der Schule und im Sozialleben besser zurechtkommen. Die “Gebärmaschinen” von Bischof Mixa kommen in dem Artikel genauso vor, wie ein Zitat eines deutschen Firmenchefs, der anmerkt, dass es Vaterschaftsurlaub bei ihm gar nicht gebe, schließlich hätten die Männer ja wichtige Aufgaben zu erfüllen und eine echte Mutter verdient doch gern weniger, wenn sie ganz in der Mutterrolle aufgehen kann.

Kein Wunder also, dass Deutschland für Schweden rückständig daherkommt.

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Großforschung in Schweden

Die European Spallation Source (ESS) ist ein geplantes physikalisches Großexperiment, in dem mit Hilfe eines Teilchenbeschleunigers Neutronen erzeugt und dann in verschiedenen Teilexperimenten verwendet werden sollen, um neue Erkenntnisse über Materialien für Informations-, Energie-, Gesundheits- und Nanotechnologien zu erlangen. Der Ort für den geplanten Bau steht noch nicht fest, aber Lund an der Südspitze Schwedens ist im Gespräch.

Wegen hoher Umweltgefahren hatte die vorige Regierung das Projekt gestoppt, der jetzige schwedische Forschungsminister Leijonborg scheint (S) jedoch bereit zu sein, drei Milliarden Kronen von schwedischer Seite in das Projekt zu investieren. Das einen Quadratkilometer umfassende Forschungsviertel soll 2018 fertig werden.

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Jag älskar Sverige!

Ich scheine nicht genügend Fan der Ärzte zu sein, denn ihren herrlich absurden Lobgesang auf Schweden kannte ich noch gar nicht.

Die Ärzte – Jag älskar Sverige! ([YouTube DirektArzt](http://www.youtube.com/watch?v=waNl2uYfoH4), [via](http://torsoen.blogsport.de/2007/02/25/jag-alskar-sverige-2/))

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Wort der Woche: Bokrea

Das Wort bokrea setzt sich aus bok und rea zusammen. Rea kommt von realisation und bedeutet “Ausverkauf”. Wer schon einmal durch eine Einkaufsstraße in Schweden gegangen ist, sollte diesem kurzen Wort in riesigen Buchstaben schon einmal begegnet sein.

Ein bok ist ein “Buch” und dementsprechend ist die bokrea ein “Bücherschlussverkauf”. Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in Schweden keine Buchpreisbindung mehr, der Schlussverkauf ist jedoch ein Relikt aus der Zeit mit von Verlagen vorgeschriebenen Preisen für Bücher. Bis 1970 boten also die Buchhändler ihr Sortiment zu festen Preisen an und wenn ein Verlag nach einigen Jahren beschloss, dass ein Buch eingezogen werden soll, dann gab es den Schlussverkauf, bevor die Restbestände verbrannt wurden.

Das bedeutete auch, dass man, von Antiquarien abgesehen, ein Buch nicht mehr kaufen konnte, wenn es einmal im Ausverkauf war. Heute ist das nicht mehr der Fall – trotzdem ist die Bokrea immer noch ein Ereignis. Es werden vorab Kataloge gedruckt, welche Bücher billig zu haben sein werden, und diese Kataloge werden in Zeitungen rezensiert. Es werden sogar eigene Rea-Auflagen gewisser Bücher gedruckt, dann meist auf billigerem Papier, ansonsten sind es aber vor allem hochwertig eingebundene Bücher, die man im Ausverkauf billiger bekommt.

Die Bokrea startet fast volksfestartig. Die Läden öffnen schon um Mitternacht und es bilden sich lange Schlangen mit Leseratten, die die besten Schnäppchen ergattern wollen. Nicht wenige der lesefreudigen Schweden nutzen die Gelegenheit, sich mit einem Vorrat an Lesestoff einzudecken. In der Nacht zum Dienstag startet die diesjährige Bokrea.

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Personnummernknappheit

Wie sich die in Schweden allgegenwärtige personnummer zusammensetzt, steht hier. Für jedes Geburtsdatum stehen also 1000 Nummern zur Verfügung – 365.000 pro Jahr. Bei aktuell 65.000 neuen Schweden pro Jahr sollte das doch reichen, nicht?

Jein. Zum einen können einmal vergebene Personnummern ja nicht wiederverwendet werden und durch Ein- und Auswanderung werden mehr Nummern gebraucht, als man an der Bevölkerungszahl sehen kann. Zum anderen sind Geburtstage nicht gleichverteilt, unter anderem weil Einwanderer ohne festes Geburtsdatum ein Zeit lang immer den 1. Januar oder den 1. Juli bekamen. Es gibt also ein paar Geburtsdaten in den 50er Jahren, an denen die Nummern knapp werden (E, S).

Was soll man tun? Ganz einfach. Bei den beiden Monatsziffern sind nur die 01 bis 12 in Gebrauch und man könnte einfach die 21 bis 32 ebenso den Monaten Januar bis Dezember zuordnen. Auf eine ähnlich simple Lösung wird es wohl hinauslaufen.

Dass eine solche Meldung trotzdem Schlagzeilen macht, zeigt wie wichtig die Nummer für Schweden ist. Rainer und Josie schreiben auch darüber.

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Carl Bildt vs. SSU

Die schwedischen Jusos (SSU) haben wegen der neuen Vorwürfe gegen Außenminister Carl Bildt seinen Rücktritt gefordert (S).

Bildt kommentiert (S) das in seinem Blog mit dem Seitenheib, dass die Forderung ja nicht einmal von der SSU-Vorsitzenden kam, die sei nämlich zurückgetreten. (Hintergrund)

Der SSU revanchiert sich jetzt auf humorvolle Weise und bietet Bildt bei eBay zum Verkauf an (S, via). In der Produktbeschreibung heißt es:

Carl Bildt ist eine einmalige Anlagegelegenheit für alle, die auf zweifelhafte Weise Geld verdienen wollen. Er hat den Weg für Investitionen ins türkische Militär frei gemacht, eine Organisation, die Oppositionelle unterdrückt und die die Demokratie der Türkei bedroht. Er hat außerdem in Ölfirmen investiert, die Diktaturen in Afrika dabei helfen, die Bevölkerung zugunsten der Ölförderung zu vertreiben. Möchten Sie eine Gaspipeline durch die Ostsee von Russland nach Deutschland legen? Dann ist Bildt ihr Mann. Er bietet seine Dienste an, egal ob es russisches Gas, sudanesisches Öl oder eine völkerrechtswidrige Invasion des Irak ist. (Übersetzung von mir)

Da sage noch einer, Politik habe keinen Unterhaltungswert. Die Kritiker scheinen jedoch nicht einzusehen, dass in einem Rechtsstaat ein Gesetzesbruch und die Verurteilung den einzigen Ausschlag gibt. Deswegen ist eine nicht bezahlte Fernsehgebühr mehr Rücktrittsgrund als legale Finanzgeschäfte, selbst wenn sie dem Moralverständnis einiger Menschen zuwiderlaufen. Solange es nicht einmal eine rechtliche Anklage gibt, halte ich Rücktrittsforderungen für heiße Luft.

Unterdessen kommt genau die Diskussion um Carl Bildts Blog in Gang, die ich neulich schon angeschnitten hatte. Der Expressen beschwert sich (S), dass Bildt den Blog zur Selbstdarstellung benutzt und damit die wichtige Institution der kritischen Medien unterwandert. Diese Gefahr besteht wohl im Prinzip, aber dass sich allen voran die Boulevardpresse an dem Blog stört, ist leicht nachzuvollziehen. Erst wenn sich die seriösen Medien in gleicher Weise bedroht fühlen, sollte man wohl noch einmal nachschauen. Bis dahin ist es aber ein weiter Weg.

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Pirate Bay bleibt in Schweden

Die Leute hinter der bekannten schwedischen Seite The Pirate Bay haben die Schnapsidee, einen eigenen Staat zu gründen jetzt aufgegeben.

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Härtere Regeln für Abiturienten

Der schwedische Ausbildungsminister Lars Lejonborg (auch Chef der liberalen Folkpartiet) will die Regeln ändern (S), welche Voraussetzungen man für ein Studium an einer Universität erfüllen muss. Ausreichende Noten in Schwedisch, Englisch und Mathematik am Ende des Gymnasiums sollen Bedingung werden und gute Leistungen in Mathe und Sprachen sollen beim Auswahlverfahren extra berücksichtigt werden.

Wer jetzt eine Augenbraue hebt und fragt, was denn bisher verlangt war, dem sei gesagt, dass Schüler in Schweden während der letzten drei von zwölf Schuljahren (schwedisches Gymnasium) meist große Freiheiten in der Fächerwahl haben. Das ist per se auch gut, denn fast jeder geht aufs Gymnasium und es gibt Linien, die auf handwerkliche Berufe ausgerichtet sind, anstatt auf ein Hochschulstudium.

Es ist in vielen Fällen jedoch auch möglich, die Berechtigung fürs Studium zu erlangen, ohne genügend “harte” Fächer besucht zu haben. Das führt dazu, dass die Universitäten sich auf das niedrigere Anfangsniveau der Studenten einstellen müssen und verschulte Studiengänge geschaffen werden, damit es auch genügend schaffen. Professuren in den Naturwissenschaften klagen regelmäßig über mangelhafte Vorkenntnisse der Studienanfänger und ich habe den Eindruck, dass viele im Universitätsumfeld mit der etwas härteren Schulpolitik der konservativen Regierung sympathisieren.

Auch wenn ich hier regelmäßig etwas an der Regierung Reinfeldt auszusetzen habe, bin ich bei diesem Thema geneigt, ihnen beizupflichten.

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