Unwichtige Titel

Es gibt zwischen Ländern offenbar riesige Unterschiede darin, welche Rolle Titel und Berufsbezeichnungen im Umgang der Menschen untereinander spielen.

Während ich in Deutschland meine Physikprofs mit “Herr” und dem Nachnamen anredete, ist in anderen Fächern das “Herr Professor” wohl noch üblicher. Das Buchungsformular von bahn.de hat zusätzlich zur Anrede noch ein eigenes Feld wo man “Dr.”, “Prof.” oder “Prof. Dr.” auswählen kann. Gleichzeitig werden Leute aber auch (wie ich finde zu Recht) schief angesehen, wenn sie bei jeder Gelegenheit mit ihrem “Dr.” unterschreiben. Ich habe nie gehört, dass sich jemand in einem Gespräch mit “Doktor Sowieso” vorgestellt hat.

Hier in Schweden findet man das Pochen auf Titel entweder peinlich, putzig oder einfach nur befremdlich und es kommt so gut wie nie vor. Die normale Umgangsform, dass man sich duzt und mit dem Vornamen anredet, wird konsequent durchgezogen – einzige Ausnahme ist wohl der König. Das bedeutet natürlich nicht, dass es in Schweden keine Leute gibt, die sich insgeheim für etwas besseres halten, aber man legt Wert darauf, das im täglich Umgang nicht zu zeigen. Das hat auch mit dem Jantelagen zu tun und persönlich finde ich, dass dieses Ignorieren von Titeln für ein angenehmeres Miteinander sorgt. Warum jemand, der auf einem speziellen Gebiet etwas geleistet hat, in jeglichem Zusammenhang als etwas Besseres dargestellt werden sollte, verstehen Schweden nicht.

Das genaue Gegenteil scheint Österreich zu sein. Ich kann nicht aus eigener Erfahrung sprechen, aber ein Gast aus Wien, der gerade bei uns übernachtet (warum?), meinte es sei völlig üblich, Leute mit “Herr Magister”, “Herr Diplomingenieur” oder den fein abgestuften Beamtentiteln anzureden. Doktoren und Professoren natürlich sowieso. Ich scheine lange genug in Schweden gelebt zu haben, dass ich das sehr seltsam finde.

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Sprengstoff in der Tasche...

... hatte ein Mann, der heute Morgen ins Atomkraftwerk Oskarshamn spazieren wollte. Angeblich nur in kleiner Menge und nicht in der Absicht, einen Anschlag zu verüben. Näheres wird wohl bald zu hören sein.

Mehr dazu bei tagesschau.de, Radio Schweden und Dagens Nyheter.

Nachtrag 080523: Jetzt weiß man etwas mehr.

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Wort der Woche: Kladdkaka

Ich finde schwedische Kuchen und Gebäck im allgemeinen süßer als in Deutschland. Ein leckeres und einfaches Beispiel ist der Kladdkaka (wörtlich “klebriger Kuchen”), für den man doppelt so viel Zucker wie Mehl benutzt und der meines Wissens landesweit sehr beliebt ist.

Die Zutaten sind im einzelnen:

  • 100g geschmolzene Butter
  • 3 dl Zucker
  • 1 1/2 dl Mehl
  • 2 Eier
  • 5 Esslöffel Kakao
  • 2 Teelöffel Vanillezucker
  • eine Prise Salz

    Wenn man keinen [Måttsats](http://www.fiket.de/2007/12/02/wort-der-woche-mattsats/) hat, muss man eventuell umrechnen. Man beachte auch, dass Ess- und Teelöffel wohldefinierte Maßeinheiten sind; mehr dazu auch im eben verlinkten Artikel. Obige Mengen füllen eine kleinere Auflaufform und das reicht für eine [*Fika*](http://www.fiket.de/2006/03/21/fika/) mit 5-8 Leuten. Weil der Kuchen sehr kompakt und süß ist, isst nämlich jeder nur ein relativ kleines Stück. Mit der zweieinhalb- bis dreifachen Menge füllt man ein Ofenblech, das dafür einen etwas höheren Rand haben sollte. Damit nichts festbackt benutzt man entweder Backpapier oder man streicht die Form mit etwas mehr flüssiger Butter ein und streut sie mit zum Beispiel Kokosflocken aus. Zum Zubereiten füllt man zuerst alles trockene in eine Schüssel und mischt bis es wie Kaba-Pulver aussieht – dann die Eier und die geschmolzene Butter dazu. Der Teig ist klebrig-zähfließend und, nachdem man ihn in die Form gegossen hat, sollte er diese gut zwei Zentimeter dick ausfüllen. Dann rund eine halbe Stunde bei 160 Grad backen. Die Zeitangabe ist sehr ungefähr, denn es kommt darauf an, wie hoch der Teig in der jeweiligen Form ist. Man testet auf zwei Arten, ob der *kladdkaka* fertig ist: Zuerst rüttelt man an der Form bzw. am Blech. Bewegt sich der Teig noch, braucht er noch mehr Zeit im Ofen. Sticht man mit einer Gabel in den fertigen Kuchen, sollte man nur die dünne Kruste spüren. Der Rest ist durchgängig weich, aber es sollte nichts mehr an der Gabel kleben bleiben beim Herausziehen. Nach dem Abkühlen sollte der *kladdkaka* dann eine kremig-feuchte Konsistenz im fast schwarzen Inneren haben – *kladdig* eben. Gegessen wird er mit Sahne oder Vanilleeis.
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Hägg

Faulbaum

Faulbäume sind die mit den Larven.

Nachtrag 090516: Die heißen gar nicht Faulbäume, sondern Traubenkirschen. Keine Ahnung, wie ich damals zu Faulbaum kam.

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Syttende maj

Der heutige 17. Mai ist nicht nur norwegischer Nationalfeiertag und Tag der Esel in Kenia.

Es ist auch die 60-Jahr-Feier von einem Kollegen und mir – also jeder 30. Sollte eine Leserin oder ein Leser zufällig in der Nähe sein, kann er oder sie gern ab 7 heute Abend vorbeischauen. Wegbeschreibung hier.

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Imperiet - C.C. Cowboys

[Videolink](http://youtube.com/watch?v=W3QxXNXZr-4)

Über Joakim Thåström, den Frontmann von Imperiet, habe ich vor längerem schon einmal ausführlich geschrieben und ich kann nur wiederholen, wie wichtig er für die neuere schwedische Musikgeschichte war und ist. Das “C.C.” im Liedtitel steht für Coca Cola und die Coca Cola Cowboys versinnbildlichen den amerikanischen Imperialismus, von dem dieses Lied handelt.

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Tvättstugor

Über die in Schweden sehr üblichen gemeinsamen Waschküchen wollte ich auch einmal schreiben, habe es dann aber wieder vergessen. Jetzt kam mir Wimzie zuvor – auch gut.

Anstatt der elektronischen Reservierung gibt es auch “analoge” Systeme, zum Beispiel mit einem Schließzylinder, den man in das entsprechende Brett neben der Waschküche einsetzt und so seine Zeit markiert. In der Studentensiedlung, in der ich wohne, sind die Waschküchen generell ohne Reservierung und man geht auf gut Glück hin. Da ich (relativ) früh aufstehe, habe ich eigentlich nie Probleme, freie Maschinen zu finden.

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Blåtand

Wenn es um Computer und Technik geht, wimmelt es im Deutschen von englischen Lehnwörtern. Oft macht man sich einfach nicht die Mühe, Begriffe zu übersetzen. Dazu kommt, dass deutsche Wörter in diesem Zusammenhang gern als altbacken wahrgenommen werden. Das mag man gut oder schlecht finden.

In der schwedischen Computersprache gibt es zwar auch zahlreiche Leihwörter, aber auch einige nette Übersetzungen von Begriffen. Es folgen ein paar Beispiele; in Klammern jeweils die wörtliche Rückübersetzung ins Deutsche:

  • “Bluetooth” ist blåtand (“Blauzahn”).
  • “Software” ist mjukvara (“Weichware”) oder auch programvara (“Programmware”)
  • Ein “Mousepad” ist eine musmatta (“Mausteppich”).
  • “Laptops” sind bärbara datorer, oft einfach en bärbar (“ein Tragbarer”) abgekürzt.
  • Analog dazu ist ein “Desktop” en stationär (dator).
  • Das “Mainboard” oder “Motherboard” ist eine moderkort (“Mutterkarte”).
  • Eine “Firewall” ist eine brandvägg (“Feuerwand”).
  • Ein “Player” wie in DVD-Player oder MP3-Player wird generell *spelare* (“Spieler”) genannt, man sagt also *M-P-tre-spelare*.

    Wie gesagt gibt es im Schwedischen auch viele Beispiele, wo man das englische Wort verwendet (*switch, server, router, scanner* etc.), aber man übersetzt eben auch gern wo es geht. Diese schwedischen Wörter werden dann auch bevorzugt verwendet und haben keinen seltsamen Beiklang. Weitere Beispiele sind wie immer in den Kommentaren willkommen.
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Sparv

Spatz

Aufs Bild klicken für eine größere Version. Das ist eins der ersten Fotos mit der neuen Kamera, als ich gestern Abend draußen war zum Testen.

Nachtrag: Ein Bekannter hat mich gerade darauf hingewiesen, dass das genauer gesagt ein pilfink ist, zu deutsch “Feldsperling”. Sparv ist wie das deutsche “Spatz” ein umgangssprachlicher Überbegriff für Kleinvögel, vor allem Sperlinge. Wieder was gelernt.

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Bösewicht Schweden?

Schweden ist ein Musterland in vielen Bereichen und wird deswegen auch vom Ausland oft gelobt. Natürlich herrscht hier kein perfektes Paradies, aber es ist eben besser als in den meisten anderen Ländern. Neulich führte Schweden erst wieder eine internationale Studie als bestes Land für Mütter an.

Als vorbildlich wird auch immer wieder die großzügige Einwanderungs- und Asylpolitik dargestellt, die hier ja auch schon des öfteren erwähnt wurde. Doch gerade bei diesem Thema gibt es berechtigte Kritik am schwedischen Vorgehen. Die Definition eines “bewaffneten Konflikts”, in den nicht abgeschoben werden darf, ist nämlich so eng, dass sie den Irak und Afghanistan nicht einschließt. Wenn der Asylbewerber also keine direkte Bedrohung für seine Person nachweisen kann, wird abgeschoben.

Auch bei Ländern wie Eritrea und den Iran, in die die Mehrheit der westlichen Länder keine Menschen ausweist, sieht Schweden weniger ein Problem. Zusätzlich besteht Schweden auf der EU-Regel, dass in dem EU-Land Asyl beantragt werden muss, das ein Suchender zuerst betritt. Das ist ein Problem im Fall von Griechenland, das “seine” Asylbewerber in Lager steckt und generell nicht so behandelt, wie man sich das von einem EU-Land wünschen würde. Deswegen wenden viele EU-Länder diese Regel des ersten betretenen nicht auf Griechenland an – Schweden schon.

Besonders hässlich finde ich einen aktuellen Gesetzesvorschlag, der die Gleichstellung bei der Gesundheitsversorgung für “papierlose” Menschen, die in Schweden leben und sich teilweise verstecken müssen, abschaffen will. Gegen diesen Vorschlag scheint sich aber viel Widerstand zu regen.

Wenn man sich die Einwander und nicht die Asylsuchenden anschaut, gilt, dass Schweden hier zur Zeit eine sehr offene Politik hat. Der Wirtschaft geht es gut und man braucht Arbeitskraft. Wer innerhalb einer Frist in Schweden Arbeit findet, darf bleiben. Ob das Menschen wirklich der Willkür der Arbeitgeber ausliefert und das Asylsystem unterminiert, wie einige befürchten, kann ich nicht beurteilen, aber ich hoffe, dass Schweden nicht die gleichen Fehler bei der Integration seiner Gastarbeiter macht wie Deutschland während des Wirtschaftswunders.

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