Gäste & Internet

Wir hatten gerade wieder einmal Gäste. Mittlerweile sind wir fünf Jahre dabei und etwa 130 Leute dürften in dieser Zeit bei uns übernachtet haben. Alleine in den letzten drei Wochen waren es ein Australier, drei Russinnen, zwei Damen mittleren Alters aus Tunisien bzw. Paris und ein Pärchen aus Augsburg.

Letztere fragen, wie viele zuvor, nach unserer Internetverbindung, nachdem sie kurz unseren Rechner benutzt und gemerkt hatten, dass es schnell ist. Die Antwort, dass wir für 100 Mbit/s (in beide Richtungen) ohne Volumensbegrenzung umgerechnet 26 Euro pro Monat zahlen, schindet nicht selten Eindruck und wirkt augenöffnend für die Preise daheim.

Was den Internetzugang über die Mobilfunknetze betrifft, habe ich meine Erfahrungen mit der UMTS-PrePaid-Karte ja schon beschrieben.

Zuletzt habe ich dann auch ein gebrauchtes Symbian-Handy (Nokia E50) erstanden und auf die Datenpreise in Mobilfunkverträgen geschaut. Schließlich ist ssh auf dem Handy cool. Und Google Maps und der Opera-Browser sind auch auf dem kleinen Schirm benutzbar.

Als Beispiel seien hier die Preise von Tele2 genannt, die anderen liegen aber ähnlich. Mit meiner bisherigen PrePaid-Handykarte kostete mich ein Megabyte 1,40 Euro. Das ist nicht billig, fand ich, wurde aber aufgeklärt, dass das im Vergleich zu deutschen Verhältnissen paradiesisch sei. Ist man bereit, statt PrePaid ein Abo einzugehen und sich auf zwei Jahre zu binden, ist die Grundgebühr nur 2 Euro/Monat (Telefon und SMS-Preise werden auch billiger) und zusammen mit dem kleinsten Surf-Paket (200 MB/Monat, danach 17 Cent/MB) bleibt man unter 5 Euro/Monat. Das fand ich attraktiv genug, es mir zu holen.

Will man mehr, kann man für zusätzliche 6 bzw. 13 Euro im Monat 1 GB bzw. 5 GB bekommen, wobei man hier nicht mehr für Daten über die Grenze hinaus bezahlt, sondern lediglich die Geschwindigkeit gedrosselt bekommt (auf 64 kbit/s anstatt 6Mbit/s).

Ich finde das alles recht vernünftig, vor allem weil die Verträge nicht von Sonderregelungen wimmeln, sondern sehr einfach vergleichbar sind.

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Kyrkoval

Radio Schweden hat einen netten Artikel über die Kirchenwahl, die am Sonntag schwedenweit stattfindet.

An sich ist es ja eine gute Sache, auch in solchen Organisationen demokratische Strukturen zu haben. Andererseits ist das Ganze ein Relikt aus der Zeit als die schwedische Kirche noch Staatskirche war (bis 2000) und dass dabei die gleichen Parteien, die auch im Parlament vertreten sind, eine Rolle spielen, ist irgendwie fehl am Platz. Außerdem gibt eine Wahlbeteiligung weit unter 20 Prozent keine wirkliche Legitimation und stärkt gleichzeitig den konservativen Flügel mit den strenggläubigen Schäfchen, die sich einfacher zur Wahl führen lassen.

Nachtrag: Siehe auch Fabians Artikel zum Thema.

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Promoe - Svennebanan

[Videolink](http://www.youtube.com/watch?v=FEPZ3HwOgbY)

Schwedischer HipHop (z.Zt. in den Top 10) mit einer schönen Illustration wie es auf den Fähren zugeht, die über die Ostsee schippern.
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Die Schweinegrippe in Schweden

Die Schweinegrippe (schw. svininfluensan), oder “neue Grippe” (nya influensan) wie sie eigentlich heisst, hält sich permanenter in den schwedischen Medien als in den deutschsprachigen. Dazu beigetragen haben sowohl die beiden Todesfälle in den letzten Wochen als auch der Beschluss, die ganze Bevölkerung zu impfen.

Das Smittskyddsinstitutet (Institut für Seuchenschutz) sammelt auf seiner Homepage ausführliche Statistiken und klärt auf. Gut 500 Fälle sind bisher in Schweden bekannt, davon 200 im Raum Stockholm. Auf die Bevölkerung normalisiert ist das nur ein Viertel der Ausbreitung in Deutschland (18.000 Fälle). Von Großbritannien mit 120.000 Fällen und fast 50 Toten ist man beiderorts weit entfernt.

Nichtsdestotrotz bereitet man sich in Schweden auf eine mögliche “Krise” vor. Man rechnet mit einem starken Anstieg in den Herbstmonaten. Mag sein, dass es übertrieben ist, eine Infoseite Krisinformation zu nennen und Leute dazu aufzufordern, sich auf andere Art als Handschlag zu begrüßen. Handdesinfektionsmittel sind in Schweden ausverkauft, was zu einer neuen Art von Alkoholimport aus den Nachbarländern geführt hat.

In einigen Kirchen, in denen der Kelch reihum geht, ist man zu Starkwein gewechselt. An Unis werden die Türklinken öfter geputzt und wiederum Desinfektionsmittel in den Toiletten aufgestellt. Außerdem erstellt man fürs Gesundheitssystem konkrete Pläne, wie ein Ansturm gehandhabt werden kann; und bei Behörden und Firmen, wie man mit größeren Arbeitsausfällen zurecht kommt. Störungen im Bus-, Bahn- und Flugverkehr können nicht ausgeschlossen werden.

Ob das alles eine Überreaktion ist, wird man erst nächstes Jahr sagen können. Generell ist jedoch positiv, dass Vogel- und Schweinegrippe dafür gesorgt haben, dass man heute weltweit weit besser und koordinierter auf Seuchen reagiert. Auch wenn die Schweinegripp sich als relativ harmlos erweist, sind die aufgebauten Strukturen eine gute Investition in die Zukunft. Gleichzeitig ist jegliche Panikmache fehl am Platz. Von den jährlich 2000 Toten der “normalen” Grippe in Schweden ist man noch weit weg und wenn man auf die ganze Welt schaut, ist die Reaktion im Vergleich zu anderen Krankheiten, die viel mehr Opfer fordern, völlig überproportional.

Hans Rosling illustrierte das vorgestern anhand von Tuberkulose sehr schön mit Legoklötzchen im Fersehen (ab Minute 10:27).

Mehr Links: 1, 2, 3, 4, 5

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Studiengebühren für Nichteuropäer

Die schwedische Regierung will Studiengebühren einführen. Nicht für Schweden, auch nicht für andere Europäer (das würde gegen das Prinzip der Freizügigkeit innerhalb der EU verstoßen), sondern für den Rest der Welt. Das Argument ist simpel: “Dass Schwedische Steuerzahler die Ausbildung ausländischer Studenten bezahlen, sei nicht angemessen.” Um die 7000 Euro pro Jahr sind im Gespräch, aber die Hochschulen sollen selbst entscheiden können.

Argumente dagegen, schwedische Unis mit Gebühren weniger attraktiv für Ausländische Studierende zu machen, sind schnell zu finden und wiegen meiner Meinung nach schwer. Zum einen werden technische und naturwissenschaftliche Fakultäten darunter zu leiden haben, weil das Interesse (und das Schulwissen) der Schweden diesbezüglich sehr zu wünschen übrig lassen und der Betrieb nur mithilfe des Studentenimports funktioniert. Sinkende Studentenzahlen werden den Unis mehr Geld wegnehmen als sie durch die Gebühren bekommen. Zum anderen fördern die geknüpften Kontakte das Bild von Schweden in der Welt und begünstigen Wirtschaft und Politik. Und manch hochqualifizierter Ausländer bleibt in Schweden hängen und füllt Lücken in Mangelberufen.

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Kulturhauptstadt Umeå

Vorhin wurde bekannt gegeben, dass Umeå 2014 europäische Kulturhauptstadt wird. Der letzte Mitbewerber war Lund im Süden Schwedens.

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Hans Rosling bei TED und KI

Hans Rosling ist Arzt, Professor für internationale Gesundheitsfragen am Karolinska Institutet und Mitbegründer der schwedischen Sektion von Ärzte ohne Grenzen. Weltweite Bekanntheit hat er 2006 durch seinen Vortrag bei TED erhalten, in dem er auf äußerst unterhaltsame Weise mit allerlei Mythen über Entwicklungsländer aufräumt und eine sehr schicke Visualisierung von Daten präsentiert (die mittlerweile von Google gekauft wurde und für jedermann auf gapminder.org verfügbar ist).

Wer das Video noch nicht gesehen hat, dem sei dies hiermit sehr ans Herz gelegt:

[Videolink](http://www.ted.com/talks/hans_rosling_shows_the_best_stats_you_ve_ever_seen.html)

Morgen Abend hält Rosling einen [öffentlichen Vortrag](http://www.gapminder.org/uncategorized/open-lecture-with-hans-rosling-in-swedish/) am KI in Solna. Ich glaube, ich geh’ da hin. Außerdem twittert er: [@hansro](http://twitter.com/hansro). *Nachtrag:* Ich bin gerade von dem Vortrag zurück, der sich auch als erste Vorlesung eines Kurses erwies und damit über rund 100 Minuten ging. Rosling war auch auf schwedisch beeindruckend. Durchweg hohes Tempo und hohe Informationsdichte, aufgelockert mit Anekdoten, die jedoch immer einen Zweck hatten. Der Bogen von der Weltgesundheit zur -wirtschaft und zurück, zur Politik und allerlei, was eben zum (nicht-)funktionieren unserer Welt dazugehört. Der Besuch hat sich gelohnt. *2. Nachtrag:* Fast hätte ich vergessen zu erwähnen, dass Rosling nicht nur einen Vortrag auf TED gehalten hat. Man findet alle in der rechten Spalte [dieser Seite](http://www.ted.com/speakers/hans_rosling.html). Außerdem hat er gerade im auf eine Reihe von Fragen aus der Netzwelt geantwortet, anzusehen [im TED-Blog](http://blog.ted.com/2009/09/ted_and_reddit_2.php).
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Wort der Woche: Dagen H

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Dagen H, der “Tag H”, war der Tag, an dem Schweden seine Straßen auf Rechtsverkehr umstellte. Das geschah am 3. September 1967, also vor nicht viel mehr als 40 Jahren. Das H kommt vom schwedischen Wort für “rechts”, höger. Das Logo (siehe Bild) greift den Buchstaben auf und veranschaulicht, was zu tun war.

Die erste Rechtsverkehrverordnung wurde in Schweden bereits 1718 erlassen. Schon 1734 wurde sie jedoch durch eine neue ersetzt, die den Linksverkehr festsetzte.

Mit dem Aufkommen des Automobils erhob sich die Forderung einer Anpassung an das Verkehrssystem, welches das dominierende des westeuropäischen Kontinents und der nordischen Nachbarn war. Auch die Verkehrssicherheit war ein Grund, zum Rechtsverkehr überzugehen. Die Autos in Schweden hatten das Lenkrad wie heute auf der linken Seite, wodurch sicheres Überholen erschwert war. Sogar die importierten britischen Wagen waren für den Rechtsverkehr gebaut.

1955 wurde eine beratende Volksabstimmung durchgeführt. Sie zeigte, dass mit 82,9 % eine überwältigende Mehrheit der Abstimmenden den Linksverkehr beibehalten wollte, während lediglich 15,5 % zum Rechtsverkehr übergehen wollten. Trotz des Ergebnisses beschloss der Reichstag am 10. Mai 1963 den Übergang Schwedens zum Rechtsverkehr für das Jahr 1967.

Vier Stunden vor der Umstellung und eine Stunde danach war jeglicher privater Autoverkehr untersagt – in einigen Städten sogar für 24 Stunden. In dieser Zeit wurden alle Verkehrszeichen für den Rechtsverkehr umgesetzt. Dabei kamen viele freiwillige Helfer, aber auch Mitglieder von Einsatzorganisationen und Wehrdienstleistende zum Einsatz. Die Höchstgeschwindigkeit in Orten wurde um 10 km/h auf 40 km/h herabgesetzt, im Laufe eines Monats aber allmählich wieder auf das alte Niveau angehoben.

Um 4:45 Uhr am Sonntagmorgen des 3. September mussten sämtliche Fahrzeuge auf der linken Straßenseite anhalten. Nach einem kurzen Stopp wechselten sie vorsichtig die Straßenseite und warteten dort bis 5 Uhr. Die genaue Zeit wurde über Radio landesweit bekannt gegeben. Danach fuhren sie auf der rechten Seite weiter.

Die Stockholmer U-Bahn fährt bis heute weiterhin im Linksverkehr, wie auch der übrige schwedische Schienenverkehr, mit Ausnahme von Straßenbahnen. Weil sich diese am restlichen Verkehr orientieren müssen, wurden viele alten Straßenbahnen in Schweden eingestellt.


Obiger Text ist zu großen Teilen eine gekürzte und angepasste Version des entsprechenden Wikipedia-Artikels und deshalb unter derselben Lizenz wie dieser wiederverwertbar.

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